Hessen wird bunt: Meine Lieblingsorte für Wochenendausflüge im Herbst

Zwischen dem bunten Kellerwald und dem frisch abgeernteten Rheingau ist Hessen eins der vielseitigsten Bundesländer für Herbstausflüge. Bei der Arbeit zu meinen Buchprojekten war ich in den letzten drei Jahren zwischen September und November in vielen Winkeln des Landes unterwegs – und verrate euch hier einige meiner absoluten Highlights.

WERBUNG In meiner Wahrnehmung ist es jedes Jahr dasselbe: Keine Jahreszeit macht sich so unbemerkt breit, wie der Herbst und keine löst – zumindest bei mir – so viele gemischte Gefühle aus. Mit dem Herbst sind in meinem Fall im dritten Jahr in Folge stressige Deadlines verbunden, mit der Frankfurter Buchmesse naht einer der wichtigsten Termine des Jahres. Und gleichzeitig macht sich Vorfreude breit auf gemütliche Couchabende mit einer dampfenden Tasse Tee und Weihnachtsmarktbesuche. Doch die Farben draußen sorgen nicht nur für wahnsinnig schöne Perspektiven auf die Natur, sondern auch dafür, dass man Tag für Tag erneut an den nahenden Winter erinnert wird, der ohne Aussichten auf Winter Wonderland doch häufig relativ trist aussehen kann. Da ist die beste Maßnahme, die Jahreszeit nochmal intensiv zu nutzen, um so viel Zeit wie möglich draußen zu verbringen.

Mit meinem Job als Reisejournalistin habe ich es in der Hinsicht natürlich ziemlich gut getroffen und in den vergangenen drei Jahren besonders in Hessen etliche Möglichkeiten gehabt, herrliche Herbstmomente zu erleben. Zwischen Kellerwald und Kassel im Norden und Bergstraße, Frankfurt und Rheingau im Süden habe ich für Buchprojekte wie die 52 Eskapaden in Nordhessen etliche Tage mit meiner Kamera im Freien verbracht und Herbstmomente eingefangen: Genug um euch heute mit einigen Ausflugstipps und Sehnsuchtsorten zu versorgen.

Bilstein: Kleine Kletterpartie im Hohen Vogelsberg

Mein absoluter Lieblingsort im Hohen Vogelsberg muss gar nicht der höchste Gipfel der einstigen Vulkanlandschaft sein, um für einen der schönsten Ausblicke in ganz Hessen zu sorgen. Mit seinen 665 Metern ist er sogar gute hundert Meter niedriger als der Taufstein, der offizielle Höhepunkt des Naturraums im Herzen Hessens. Was ihn von Taufstein, Hoherodskopf und Co. unterscheidet, ist vor allem der Bewuchs am Gipfel, denn der Basaltfelsen am Bilstein schafft das Gefühl mitten in den Bergen zu sein, wenn man ihn mit Wanderschuhen an den Füßen bis ganz nach oben erklommen hat, sich am Rand für den Genuss des Ausblicks hinsetzt und ein wenig Beine und Seele baumeln lässt.

Der Bilstein ist nicht der höchste Punkt im Hohen Vogelsberg aber mit Abstand der mit der spektakulärsten Aussicht, wie wir im Sommer 2020 bei einer Wanderung beschlossen haben. Foto: Sandra

Besonders schön ist ein Abstecher auf den Gipfel an trockenen Herbsttagen, wenn sich nicht nur halb Hessen unterhalb des Pausenplatzes ganz oben vor einem ergießt, sondern damit verbunden auch ein einziges Meer aus faszinierenden Farbtönen. Trocken sollte es im Idealfall deshalb sein, weil der etwas steilere Zuweg im Matsch weniger schön zu laufen ist und dazu auch trockener Fels, die (ziemlich einfache) Kletterpartie angenehmer und noch ein bisschen einfacher gestaltet. Die Beschreibung eines schönen Wegs rauf zum Gipfel, findet ihr etwa in meinem Buch 52 kleine & große Eskapaden in Wetterau & Vogelsberg.

Herbst am Rhein: An den schönsten Ausblicken des Rheingau in Lorch

Wer meine Arbeit der vergangenen Wochen und Monate verfolgt hat, weiß, dass meine Recherchen mich in diesem Jahr in deutlich südlichere Gefilde führen als bei den letzten Projekten. Und vor allem der Rheingau hat es mir bei meinen Arbeitsausflügen mehr denn je angetan. Die Kombination aus dem großen Strom, der mir als Südpfälzerin an egal welchem seiner Flusskilometer immer ein Stück weit das Gefühl von Heimat vermittelt, mal steiler und mal sanfter abfallenden Weinbergen und dichten Wäldern macht die Gegend hessenweit besonders – und auch in ganz Deutschland muss man für ähnliche Landschaften eine ganze Weile suchen.

Oberhalb der Gemeinde Lorch beginnen die atemberaubenden Ausblicke auf das Unesco-Welterbe Mittelrheintal. Der kurze etwas steile Aufstieg von der Bahn lohnt sich für jeden einzelnen von ihnen. Foto: Sandra

Ein Ort, der das Ganze auf die Spitze treibt, ist die langgezogene Gemeinde Lorch, die sich mit einigen Stadtteilen im Tal direkt am Ufer des großen Stroms befindet, während sich oberhalb steil die Terrassen auftürmen, auf denen Wein angebaut wird. Wer den Aufstieg, etwa über den Wispertrail oder den Rheinsteig, geschafft hat, dem bieten sich nicht nur beste Ausblicke aufs romantische Mittelrheintal, sondern auch rüber nach Rheinhessen.

Echter Fernwehstiller: Wandern zwischen Eder und Kellerwald

Fast genauso sehr wie ich bildliche Sprache liebe, liebe ich auch Vergleiche. Und ich weiß, dass ich gerade wenn eine Gegend mich so richtig, richtig begeistert, auch schonmal übers Ziel hinausschießen kann. Dennoch stehe ich noch heute hinter den ersten Gedanken, die ich hatte, als ich vor gut zwei Jahren auf dem Kellerwaldsteig zwischen Wald und Eder bei Vöhl-Herzhausen unterwegs gewesen bin. Das passende Kapitel dazu in meinem Eskapaden-Band hatte ich Hessisch Kanada getauft. Gedacht habe ich dabei vor allem an die Bilder, die ich aus den nordöstlichen Regionen meines absoluten Sensuchtlands kenne, Nova Scotia und Neufundland – nur eben ohne das nahe Meer.

Blau schimmernd zieht sich die Eder durch die Landschaft des Kellerwalds. Wenige hundert Meter östlich von hier wird aus dem Fluss ein mächtiger Stausee. Foto: Sandra

Klar sind solche Assoziationen ganz punktuell, fürs Stillen von Fernweh kann so ein Wochenende am Edersee allerdings wirklich Balsam für die Seele sein. Eine hübsche Wanderroute für alle, die sich am (verlängerten) Wochenende mal im Langstreckenwandern versuchen wollen, ist der knapp 70 km lange Urwaldsteig, der um den Edersee und entlang der stellenweise schon sehr breiten Eder durch traumhafte Herbstwälder führt.

Stadtidyll am Jacobiweiher: Im schönsten Winkel des Frankfurter Stadtwalds

Mein nächster Tipp, und einer meiner absoluten Frankfurter Lieblingsorte, liegt nur wenige Minuten von unserem Zuhause entfernt. Im Frankfurter Stadtwald ist der Jacobiweiher einer der hübschesten Orte um den Herbst im klaren Wasser gespiegelt und damit quasi doppelt zu sehen. Beim Spaziergang im Wald gibt es zwischen dem neu aufgebauten Goetheturm und der alten Müllhalde, die die Frankfurter liebevoll Monte Scherbelino nennen aber auch noch unzählige andere Dinge zu entdecken.

Im klaren Wasser des Jacobiweihers spiegeln sich die schönsten Herbstfarben – und das nur wenige Kilometer von der Frankfurter Innenstadt entfernt im größten städtischen Forst Deutschlands. Foto: Sandra

Highlights an den Wanderwegen im Wald sind etwa die humorvollen Kunstwerke, die sich entlang der Route des Frankfurter Grüngürtels aufreihen, unter ihnen der berühmte Pinkelbaum und ein grün bemähnter Struwwelpeterbaum auf Schwanheimer (also westlicher) Seite. Hinter vielen von ihnen steht der Künstler und Titanic-Mitgründer F.K. Wächter, einer der Vertreter der “Neuen Frankfurter Schule”. Mehr über den Frankfurter Stadtwald lest ihr auch in einem meiner letzten Frankfurt-Artikel hier im Blog.

Zu neuer Wildnis: Wandern am Rand von Wetterau und Taunus bei Ober-Mörlen

So sehr das Farbenspiel des Herbsts an die Vergänglichkeit der Natur erinnert, so sehr erinnert es auch an den ständigen Kreislauf und die Tatsache, dass die Natur sich wieder und wieder regeneriert. Das wird in Hessen vor allem an den Orten deutlich, an denen die Natur stellenweise verloren geglaubt worden war. Eins davon findet sich in Form eines ehemaligen US-Militärgeländes direkt auf der Grenze zwischen Taunus und Wetterau bei Ober-Mörlen.

An kaum einem Ort im Taunus habe ich bislang so faszinierende Bilder aus Herbstfarben gesehen wie bei unserer Wanderung im FFH-Gebiet Eichkopf bei Ober-Mörlen. Foto: Sandra

Durch das FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat) am Eichkopf führen mehrere Rundwege und Naturlernpfade, wo man viel darüber erfährt, in welcher Form das Leben auf dem Militärgelände zurückkehrt, demselben übrigens wo einst Elvis Presley als Soldat an Übungen teilgenommen hat. Mehr über die Route lest ihr auch in meinen 52 Eskapaden in Wetterau und Vogelsberg.

Ein Park wie kein anderer: Herbstfarben tanken im Bergpark Wilhelmshöhe

Einer meiner absoluten Lieblingsorte in Hessen und völlig zu recht Teil des Unesco-Weltkulturerbes ist der Bergpark im Westen von Kassel, den die hessischen Landgrafen und Kurfürsten bereits ab dem 17. Jahrhundert haben anlegen lassen. Der Bergpark mit seinen vielen versteckten Details zwischen Herkules und Schloss, einer Burg wie aus dem Mittelalter, mystischen Brücken, Wasserfällen und einem Aquädukt ist einer dieser Orte, wo es selbst nach dem 500. Besuchen immer noch Neues zu entdecken gibt.

Eine meiner liebsten Aussichten in ganz Hessen ist der Blick vom oberen Bergpark Wilhelmshöhe runter nach Kassel, wo sich hinter dem Schloss die Wilhelmshöher Allee kerzengerade in die City zieht. Foto: Sandra

Dabei kann man je nach Lust und Laune problemlos entscheiden, ob man den Besuch im Bergpark sportlich oder ganz entspannt gestaltet. Wer unten beginnt, wo die Straßenbahnen halten, der genießt ohne ständig über die Schulter schauen zu müssen durchgehend traumhafte Ausblicke auf das Gesamtkunstwerk, das jährlich von Mai bis Anfang Oktober mit den berühmten Wasserspielen an manchen Wochentagen noch mehr beeindruckt als so schon. Wer oben startet, wo der Bus hält, hat durchgehend den besten Blick runter ins Tal und spart sich mehr als 250 Höhenmeter Aufstieg.

An den kleinsten Wasserfällen der Welt: Auf Grimmschen spuren wandeln in Eifa

Als ich vor gut zwei Jahren auf der Suche nach den schönsten Eskapaden und Naturausflügen in Wetterau und Vogelsberg war, waren die Blue Stone Falls einer dieser glücklichen Zufallsfunde, die man bei der Recherche eben so macht. Denn natürlich findet man eher die größten, ältesten, beeindruckendsten Dinge als die Allerkleinsten, vor allem wenn der Maßstab des Minirekords so schwierig zu greifen ist wie bei den angeblich kleinsten Wasserfällen der Welt. Denn wo fängt eigentlich so ein Wasserfall an? In jedem Fall gilt die kleine Kaskade im Alsfelder Stadtteil Eifa wohl seit 2015 als Rekordhalterin, jedenfalls behauptet das eine Informationstafel vor Ort, die sicher geht, dass man die Rekordattraktionen auch ja nicht übersieht.

Neben den kleinsten Wasserfällen der Welt wandert man in Eifa bei Alsfeld auch durch die ausladenden Bögen eines alten Viadukts. Foto: Felix

Wer die Wasserfälle im Rahmen einer Wanderung erkunden will, kann etwa dem Fernwanderweg auf den Spuren der Brüder Grimm folgen, der durch hübsche Herbstwälder und unter einem historischen Eisenbahn-Viadukt hindurch in eine Richtung zur märchenhaften Burg Herzberg im Osten, in die andere ins hübsche Fachwerkstädtchen Alsfeld im Westen führt. Der Brüder-Grimm-Weg im Ganzen verbindet den südlichen Kreis Kassel mit der Geburtsstadt von Jacob und Wilhelm Grimm, Hanau.

Eine der schönsten Städte Hessens: Vom Marburger Lahnufer über die Oberstadt zum Schloss

So einen Ausflug in bunte Herbstfarben lässt sich nicht nur in Kassel und Frankfurt bestens mit einem kleinen Städtetrip verbinden: Auch ein Abstecher in die achtgrößte Stadt Hessens, die neben ihrer bewegten Geschichte vor allem ihr lebendiges Dasein als Studi-Stadt prägt, ist eine ganz wunderbare Idee für einen Abstecher oder Wochenendtrip im Herbst – und das auf gleich mehreren Ebenen, im wörtlichen Sinn. Im unteren Teil, wo die Lahn fließt, sorgen hübsche Spazierwege und gemütliche Cafés für herrliche Herbstmomente. In der Oberstadt, die man neben einer ganzen Armada an Treppen auch mit einem Aufzug erreicht, kann man ganz entspannt auf Schaufenstertour gehen oder einfach die historische Stadt genießen.

Vom Lahnufer nach oben betrachtet ist Marburg ähnlich faszinierend und fotogen wie von der Burg nach unten. Ein Abstecher in die Stadt ist in jeder Jahreszeit wirklich empfehlenswert. Foto: Sandra

Ganz oben schließlich thront mit dem Schloss nicht nur eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, sondern auch ein Aussichtspunkt, an dem die Herbstfarben der ganzen Region von den Burgmauern aus zu sehen sind. Ein bisschen wie ein kunterbuntes Gemälde, das sich von Tag zu Tag ein Stückchen mehr verändert.

Canyon-Liebe: An den Steinbruchseen zwischen Mühlheim und Hanau

Mein letzter Tipp, der als einer der magischsten und überraschendsten Orte des Rhein-Main-Gebiets auch immer wieder in meinen Büchern vorkommt, liegt kaum eine halbe Stunde von der Frankfurter Innenstadt entfernt und sorgt dennoch für solche Kontraste, dass man sich schonmal fragen kann, wie man denn plötzlich ans andere Ende der Welt gereist ist. Zwischen Mühlheim und Hanau, im nördlichen Kreis Offenbach liegt nur ein paar Spazierminuten von der S-Bahn in Dietesheim entfernt eine Seenlandschaft wie aus dem Bilderbuch. Dass sie streng naturgeschützt ist, macht die Tatsache, dass sie tatsächlich aus Naturzerstörung heraus entstanden ist, vielleicht noch ein wenig faszinierender.

Dass die Seenlandschaft in Dietesheim schon bei unserem letzten Besuch im Sommer einige Herbstfarben zeigte, ist alarmierend – der Ort aber einfach zu besonders, um in dieser Liste zu fehlen. Foto: Sandra

Neben dem fotogenen Canyon-Steg, der in gut 14 Metern Höhe zwei besonders beeindruckende Basaltklippen miteinander verbindet, gibt es im gesamten Waldgebiet rund um Oberwaldsee und Vogelsberger See etliche schöne Aussichtsplattformen, die vor allem im Herbst die Felsen und Seen in schönster Farbenpracht erstrahlen lassen.

Und ihr? Seid ihr schon richtig in Herbststimmung? Welche Orte vor eurer Haustür ziehen euch immer wieder wie magisch mit Herbstfarben an? Verratet es mir in den Kommentaren.

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