Zwischen Wasserfällen, Gletschern und ikonischen bunten Holzhäusern zählt Island seit Jahren zu den absoluten Trendzielen in Europa. Auch einige kleinere Kreuzfahrtschiffe machen hier Halt. Ihr großer Vorteil: Im Vergleich zu vielen Roadtrips führen die Kreuzfahrtrouten ohne lange Fahrtstrecken auch an abgelegenere Orte wie die traumhaften Landschaften der Westfjorde.
PRESSEREISE Ein Morgen, der in einem Jahr mit vier Monaten auf Reisen in Erinnerung bleibt, beginnt in einem Raum, der eigentlich auch ein Hotelzimmer sein könnte. Rechts hinter der Eingangstür der Schrank, links die Tür zu einem kleinen Bad, im Raum selbst ein Schreibtisch an der Wand vorm Balkon, gegenüber ein Doppelbett. Die Vorhänge sind noch zugezogen, hinter ihnen deutet sich an, dass es bereits Tag geworden ist. Ich trete näher an die breite Fensterfront zum Balkon von wo aus ich am Vorabend irgendwo vor der Halbinsel Snæfellsnes den Sonnenuntergang am Horizont beobachtet hatte, schiebe den Vorhang beiseite und sehe mich einem mit Moos bewachsenen Steilhang gegenüber. Die große Faszination einer Kreuzfahrtreise – das stelle ich für mich an diesem Tag fest – wird vor allem dieser Moment morgens am Vorhang bleiben, wenn die Abenteuer des Tages in solch überraschender Form vor einem liegen.
Gleich vorab: Kreuzfahrten und vor allem der aus ihnen entstehende Massentourismus werden aus Umweltschutzgründen aus gutem Grund kritisiert. Ich habe mich dennoch bewusst für diese Recherchemöglichkeit entschieden, um über beide Seiten der Medaille berichten zu können, denn bei allem was man Kreuzfahrtschiffen vorwerfen kann (hohe CO2-Bilanz, Lebensmittelverschwendung, Beeinträchtigung der Umwelt, etc.), unternehmen die Reedereien natürlich auch Schritte, um die bekannten Probleme anzugehen. Das müssen sie auch, wenn sie sich langfristig halten wollen, denn die Probleme sind nicht nur bekannt, sondern ihrer zukünftigen Zielgruppe bedeutend wichtiger als den bisherigen Kund:innen. Meine Wahl fiel auf ein vergleichsweise kleines Schiff mit Platz für knapp über 1000 Menschen, das auch ungewöhnlichere Orte anfährt. Und tatsächlich hatte ich bei keinem unserer Stopps das Gefühl, dass eine Reisendengruppe gerade einen Ort überrennt. Was in dieser Sache ebenfalls für Island spricht, sind vergleichsweise strenge Okö-Auflagen für Kreuzfahrtschiffe.
Kreuzfahrt nach Island: Diese Häfen werden angefahren
Nun jedoch zurück zu Island, das an fünf Tagen den ersten Teil der Kreuzfahrtroute von Reykjavik nach London ausmachte und uns über den Westen und Norden der Insel an fünf Häfen führte: Reykjavik, Grundarfjörður, Ísafjörður, Akureyri und Seydisfjörður. Reykjavik ist bekanntlich die isländische Hauptstadt, im Ballungsraum der Stadt leben 60 Prozent aller Isländer. Akureyri ist mit knapp 20.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt des Lands. Die anderen drei Orte sind allesamt alte Fischerhäfen mit unter 1000 bis maximal 3000 Einwohnern. Weitere Häfen, die häufig auf den Routen verschiedener Kreuzfahrtanbieter liegen sind Húsavík oder Stykkishólmur. Ganz kleinere Schiffe legen auch vor den Inseln Heimaey im Süden oder Grímsey im Norden an.
Der große Vorteil der Route war auf meiner Fahrt mit der Oceania Marina, die Planung der Route. Die sah vor, dass jeder Tag ein Hafentag war, und die Passagier:innen damit die Möglichkeit hatten, täglich Land und Leute kennenzulernen, Ausflüge zu machen und die traumhafte Landschaft zu bestaunen. Viele größere Reedereien bieten auch Routen an, die weiter südlich in Europa beginnen und etliche Seetage umfassen. Das mag vielleicht entspannend sein, holt aber – in meinen Augen – häufig nicht das Maximum aus dem Potenzial einer Kreuzfahrt heraus.
Start- oder Zielhafen der Kreuzfahrt in Reykjavik: Warum Du Deine Reise verlängern solltest
In meinem Fall ärgere ich mich im Nachhinein ja schon ein wenig über meinen Anreisetag, an dem das Schiff in Reykjavik vor Anker lag, ich allerdings nicht auf dem Schirm hatte, dass ich nach dem Einchecken an Bord direkt die (stressige) Möglichkeit hätte ergreifen können, noch für zwei oder drei Stunden einen Shuttlebus in die Stadt zu nehmen. Darum mein erster wichtiger Tipp für eine Kreuzfahrt (in Island): vorbereitet sein. Dazu kann etwa auch gehören, dass man seinen Aufenthalt in der An- und Abreisestadt nach Möglichkeit etwas verlängert, um einen spannenden Ort wie Reykjavik nicht ohne richtigen Eindruck wieder verlassen zu müssen.
Mein eigener Eindruck von Reykjavik beschränkt sich deshalb leider auf die Fahrt vom Flughafen Keflavik zum Hafenterminal im von der Reederei organisierten Sammeltaxi. So dauerte die Fahrt etwas länger als eine halbe Stunde und wurde uns immerhin damit versüßt, dass der Fahrer ein isländischer Reiseführer war, der immer wieder Anmerkungen zur Landschaft und den Kuriositäten des Landes machte. So berichtete er uns etwa davon, dass er selbst von Wikingern abstamme, erklärte uns den isländischen Glauben an Trolle und Elfen und wies uns unterwegs neben Vulkanen und heimischen und importierten Pflanzen auch auf vermeintliche Alltäglichkeiten hin. Unterwegs zwischen Flughafen und Hauptstadt passiert man etwa eine Aluminiumschmelze, die bis vor einigen Jahren 40 Prozent des gesamten Staatseinkommens ausmachte oder ein Einkaufszentrum, das von oben betrachtet eine… sagen wir ungewöhnliche… Form hat.
Wer in Reykjavik an Bord geht und wie ich keine Zeit zum Sightseeing hat, sollte bei passendem Wetter unbedingt auch ein wenig Zeit an Deck verbringen. Die Ausblicke auf die Landschaft vom Hafen aus, waren für mich nämlich trotz allem ein herrlicher erster Eindruck von Island. Für richtige Tipps für Reykjavik, werdet ihr etwa bei meiner Kollegin Susi fündig, die hier auf dem Weg in die USA einen Stopp eingelegt hat.
Auf Kreuzfahrt in Island: Erlebnisse rund um den Hafen von Grundarfjörður
Für den ersten richtigen Stopp auf dem Island-Teil der Kreuzfahrt ging es an die Nordseite der Halbinsel Snæfellsnes, ins Örtchen Grundarfjörður, das vor allem für einige Landschaften ganz in der Nähe bekannt ist. Und weil die fantastisch auch zu Fuß zu erreichen sind, startete ich meine Recherchetage in Island also mit einer Erkundungstour auf eigene Faust. Mein erster Weg führte mich daher in Richtung Westen, raus aus der Stadt, wo schon von weitem einer der am meisten fotografieren Berge des Landes zu sehen war.
Der spitz zulaufende Kirkjufell ist nicht nur bekannt aus der Fernsehserie “Game of Thrones”, sondern auch immer wieder als eines der Hauptmotive Teil von Reiseberichten oder -reportagen über Island und damit eine echte Berühmtheit. Schönstes Fotomotiv hier ist natürlich der Wasserfall, der in direkter Nachbarschaft zu dem 463 Meter hohen Berg in mehreren Kaskaden in Richtung Meer rauscht. Aber auch auf dem Hin und Rückweg bieten sich traumhafte Motive von selbst im Hochsommer schneebedeckten Hängen, winzigen bunten Hütten, die mutterseelenallein in der Landschaft stehen und friedlich grasenden Island-Pferden.
Zurück im Ort, wo ein Kunstwerk vor der Kirche daran erinnert, wie viele Wörter für Wind die isländische Sprache kennt (aufgeführt sind 112), hatte ich dann noch etwas Zeit und mich spontan dazu entschlossen, auch noch zum zweiten bekannten Naturspektakel des Orts zu wandern, dem gut 70 Meter hohen Grundarfoss. Genau wie der Weg zum Kirkjufell führt der Fußweg hier direkt parallel zur Hauptstraße und biegt nach einiger Zeit über einen Parkplatz zum von weiten sichtbaren Wasserfall ab. Der Weg führt direkt am Flussbett entlang bis wenige hundert Meter vor die Steilwand, die der Grundarfoss hinunterstürzt.
Kreuzfahrt-Tipps für Island: Auf Bootsausflug in den Westfjorden ab Ísafjörður
Mein zweiter Tag auf Island begann wie oben beschrieben mit einem faszinierenden Erlebnis am Morgen als die Oceania Marina zum ersten Mal eine der atemberaubenden isländischen Fjordlandschaften durquerte – und wurde von da an nur noch spektakulärer. Der Hafen unseres Tagesziels hieß Ísafjörður und war für mich der erste Ausgangspunkt eines über die Reederei organisierten Ausflugs. Und bis heute glaube ich, dass es an diesem Tag kaum ein besseres Programm geben konnte als unseres.
Nur wenige hundert Meter nachdem wir die Rampe vom Schiff verlassen hatten, wurde meine Gruppe nämlich direkt zu einem weiteren Boot geführt, einem bedeutend kleineren Gefährt mit Platz für weniger als 50 Fahrgäste. Mit dem ging es ein Stück parallel des Wegs über den wir am Morgen in den Hafen gekommen waren, einmal quer über das an diesem Tag strahlend blaue Wasser des Ísafjarðardjúp und mit Blick auf den nördlichsten isländischen Gletscher Drangajökull direkt weiter in den nächsten Fjord. Unser Ziel des Tages: Ein vor Jahrzehnten verlassenes Dorf mit dem Namen Hesteyri. Wie viele andere Siedlungen auf der nördlichsten isländischen Halbinsel Hornstrandir litten die Menschen aufgrund der Wetterverhältnisse hier lange unter extremen Lebensbedingungen. Die zunehmende Industrialisierung im Hauptland führte dazu, dass mehr und mehr Menschen ihrer Heimat den Rücken kehrten.
Bei Sonnenschein dagegen ist Hesteyri womöglich jedoch einer der schönsten Orte, die ich je besuchen durfte. Das mag unter anderem auch daran liegen, dass ein Naturschutzgesetz festgelegt hat, dass sich nie mehr als ein paar Dutzend Menschen gleichzeitig hier aufhalten dürfen. Neben ein paar wenigen Campern und “Einheimischen” wie den Beschäftigten des Cafés, war unsere Gruppe demnach allein in dem winzigen alten Dorf, in dem heute noch Nachfahren der ehemaligen Bewohnern Sommerurlaub machen. Und nachdem ich mich diebisch geärgert habe, keine der hier einheimischen Polarfüchse anzutreffen, wartete auf dem Rückweg doch noch ein tierisches Highlight in Form von Buckelwalen auf uns.
Mit dem Kreuzfahrtschiff nach Island: Viele Ausflugsmöglichkeiten rund um Akureyri
Unser dritter Hafen in Island war der mitten in der Stadt gelegene Hafen von Akureyri, der eigentlich zur Erkundung auf eigene Faust perfekt gewesen wäre. Tatsächlich locken jedoch gerade hier auch einige faszinierende Ausflugsziele. Für mich wurde es also doch wieder ein Ausflug. Und da die bereits relativ gut ausgebucht waren, musste der Zufall mein Tagesprogramm entscheiden und führte mich neben einem echten Highlight, dem großen Wasserfall Godafoss auch auf einen Abstecher in ein hübsches Dorf aus historischen Torfhäusern namens Laufás sowie zu einem in der Nähe der Stadt gelegenen Pferdehof. Hier haben wir viel über die typischen Islandpferde gelernt und im Hofcafé eine isländische Spezialität probiert. Der typische Hafer-Rhabarberkuchen wurde uns auf englisch als “Happy Marriage Cake” vorgestellt. Wie er zu seinem Namen gekommen ist, darüber gibt es einige Theorien.
Bevor ich mich gegen Ende des Hafentags dann doch nochmal selbst auf Erkundungstour begeben habe, etwa um die herzförmigen Ampellichter zu fotografieren, die überall in Akureyri zu finden sind, führte unser letzter Abstecher des Tages etwas oberhalb der Innenstadt noch in den kostenlos zugänglich botanischen Garten der Stadt. Der wurde vor über 100 Jahren von Einheimischen gegründet und umfasst inzwischen rund 7000 Arten. Eine weitere Besonderheit des Parks ist seine Lage: Akureyri ist eine der nördlichsten Städte Europas und liegt gerade einmal gute 50 Kilometer südlich vom Polarkreis.
Nach Island mit dem Kreuzfahrtschiff: Vielseitiger Erkundungstag auf eigene Faust in Seydisfjörður
Das letzte Tagesziel der Kreuzfahrt nach Island war schließlich Seydisfjörður, ein Fischerdorf, das für eine ikonische Regenbogenstraße, die zur Kirche führt, bekannt ist, genauso für eine Unzahl an bunten Holzhäusern, die sich herrlich idyllisch im Fjord spiegeln. Und da ich während meiner Vorbereitung auch einige Wanderziele gefunden hatte, machte ich mich erneut allein auf Erkundungstour. Mein erster Weg führte mich auf einen kurzen Erkundungsbummel durchs bunte Örtchen und dann auf kleine Wanderung etwas außerhalb. Als Ort dafür hatte ich mir eine Gegend im Nordosten der Stadt ausgesucht, in der einige Kunstwerke mitten in der Landschaft stehen. Dass ich auf dem Weg dahin direkt in den nächsten Wasserfall lief, gehört zur Island-Experience wohl irgendwie dazu.
Mein erster Stopp war also der 60 Meter hohe Búðareyrarfoss, der vom Weg aus schon von Weitem zu sehen war. Zum Fall selbst führt ein relativ steiler Weg, der wohl zuletzt auch immer mal wieder von Erdrutschen betroffen war. Es heißt also Vorsicht bewahren und gutes Schuhwerk einpacken. Ganz in der nähe des Wasserfalls, ein Stück weiter die Straße entlang, befindet sich dann auch direkt das erste Kunstwerk am Wegesrand. Eine in einen Hang gebaute rostige Telefonzelle erinnert an die erste Telefonverbindung zwischen Schottland und Island Anfang des 20. Jahrhunderts.
Weil auch hier der Landgang so einiges an Zeit ließ, auf Erkundungstour zu gehen, blieb auch hier Zeit noch einen weiteren Ort spontan einzubauen, was mich schließlich noch zur Skulptur Tvísöngur in die Landschaften oberhalb des Fjords führte. Neben der Kunstinstallation unter freiem Himmel gab es hier vor allem traumhafte Landschaftspanoramen und einige der schönsten Wanderwege meines eigentlich ohnehin nicht unspektakulären Wanderjahres zu sehen.
Ob ich bei passender Gelegenheit nochmal nach Island reisen würde? Nach diesem ersten Eindruck und dem Verpassen der Hauptstadt auf alle Fälle und ich freue mich schon sehr darauf, dass sich früher oder später einmal eine Möglichkeit bietet, denn viele der klassischen Island-Orte habe ich im Rahmen dieser Reise dann eben doch nicht gesehen. Dafür ermöglichte die Erkundung des Landes via Kreuzfahrtschiff wirklich die entspanntesten ersten Tage, die man auf Island verbringen kann.
Und ihr? Wart ihr schonmal auf Island oder plant schon eure nächste Reise? Verratet mir eure Tipps in den Kommentaren.