Auf der Liste meiner persönlichen Sehnsuchtsorte stand London viele Jahre lang ganz oben. Historische Theater mit einem Programm, von dem man in Deutschland nur träumen kann, internationale Gastroszene, Orte, die ich aus unzähligen Filmen und Serien so gut kannte als wäre ich schon Tausend Mal dort gewesen. Und trotz einiger Besuche ist London immer auch ein Stück weit Sehnsuchtsort geblieben. Hier gibt’s Strategien fürs regelmäßige Zurückkommen – auch ohne großes Budget.
Mein erster Abend in der Stadt, von der ich schon auf dem Hinflug weiß, dass sie im Begriff ist Wien als meine bisherige Herzensstadt abzulösen, beginnt spät. Nach stundenlangem Warten am Flughafen, einiger Verspätung des Fliegers und kurzer Suche nach dem Zug Richtung City sitzen wir endlich im Stanstead Express, der uns ratternd vom Flughafen nordöstlich der Stadt ans Ziel der Reise bringt. Auf uns wartet ein Airbnb im Haus eines sympathischen Pärchens, das zwei Zimmer eines klassischen Duplex-Stadthäuschens ganz am nördlichen Rand der Stadt für Touristen und Langzeitreisende vermietet. The dodgy end… An dieser Stelle zu erklären, dass wir versuchen low-budget zu reisen, kann ich mir sparen oder?
Dass ich es durch vier Jahre Englischstudium geschafft habe, ohne einen einzigen Fuß nach Großbritannien zu setzen, hatte sicher nicht nur Budget-Gründe. Das Wissen darüber, dass eine Reise nach London ins Geld gehen würde, war aber sicher ein Faktor, der mich davon abhielt, früher auf die mutige Idee zu kommen, das Risiko einzugehen und Grenzen alter Ängste auszutesten. Als Ersatz dafür muss nun dieser Trip über meinen 32. Geburtstag herhalten. Zum günstigen Flug kommt das Ticket vom weit außerhalb gelegenen Flughafen dazu, zur halbwegs günstigen Unterkunft ohne Glamour, dafür aber bei echten Menschen, ein einigermaßen hohes Budget für Bus und Underground auf der Oyster Card. Das ist die Grundlage, und allein die kann ins Geld gehen.
Dazu noch Sightseeing, Museen, Kino, Theater, und Essen einzuplanen, kann schonmal dafür sorgen, dass man am Ende die Entscheidung trifft, dass man besser gar nicht losfährt – doch meiner Erfahrung nach gibt es kaum eine Stadt, die bessere Voraussetzungen bietet, sich Hals über Kopf in sie zu verlieben. Auch wenn man sie spontan und im Sparmodus erkundet. Keine großen Pläne, nur Lust auf Erlebnisse und eine Stadt, die für alles bereit ist.
Meine Low-Budget-Tipps für London:
- Internationale Spezialitäten auf Londons Street-Food-Meilen
- Spar-App für Theaterbesuche und Live-Musik
- Kostenloses Sightseeing mit Street-Art und Kuriosem
- Shopping im Outlet
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 1 – Der Street-Food-Speiseplan
Gängiges Problem: Einer der wichtigsten Kostenpunkte, der jede Urlaubskasse aus dem Gleichgewicht bringen kann, ist das Essen. Da geht’s im Explorer-Modus früh aus dem Haus, der Magen treibt einen zum Frühstück ins nächste Café, keine zwei Stunden später passierst du dann ein Restaurant aus dem unwiderstehliche Dürfe strömen. Und so geht’s bis zum letzten („Nur der eine!“) Cocktail zum Abend ausklingen lassen weiter – wenn man nicht aufpasst.
Nun macht London allein von seinen grundlegendsten Eigenschaften her das Problem nicht kleiner: Kulinarische Traditionen gibt es in der Stadt mit ihrer internationalen Bevölkerung fast so viele wie Länder und Kulturen auf der Erde. Aber immerhin vereinen die Streetfood-Märkte der Stadt, darunter mit Borough Market auch mein persönlicher Favorit, eine riesige Vielfalt. Und das sogar recht häppchenweise und zu einigermaßen kleinem Preis. Kaum ist ein Fuß auf das Gelände der historischen Markthalle gesetzt, verbinden sich Düfte und Aromen aus aller Welt in der Luft, Gewürze aus allen Ecken des Planeten landen in gigantischen Töpfen und Pfannen und machen die Auswahl schwer. Umso besser wenn du im Sparmodus einen Grund hast, täglich zurückzukommen.
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 2 – Theater für Spontane
Einer der wichtigsten und vielseitigsten Gründe, die London so gut wie einzigartig in Europa machen, ist die Kulturszene der Stadt – etwa wenn es um die darstellenden Künste geht. Das Londoner West End ist für Theater und Musical, Oper und Ballett bekannt und dafür womöglich die zweitwichtigste Anlaufstelle des Planeten nach dem New Yorker Broadway. Und über die 38 Spielstätten im Theaterviertel hinaus, findest du auch im Rest der Stadt noch einiges an Theatervielfalt. Sprich: Wer als Theaterfan nach London reist und sich dann Tickets für König der Löwen kauft, läuft Gefahr, höchstwahrscheinlich etwas zu verpassen.
Eine gute Form direkt bei Anreise, oder schon davor, einen Überblick zu bekommen, was gespielt wird, ist die App TodayTix, über die du auch immer wieder günstig an Last-Minute- oder Lottery-Tickets kommen kannst. In der Übersicht der App wählst du einfach die Stadt aus und bekommst dann eine nahezu komplette Liste an Stücken angezeigt, die aktuell gespielt werden, inklusive geltender Rabattaktionen. Für viele Shows gibt es außerdem so genannte Rush-Tickets, die jeden Vormittag in limitierter Zahl und zum Festpreis in den Verkauf gehen. Dabei kannst du dir wenn du schnell bist günstige Tickets recht weit vorne sichern. Aber auch die günstigen Kategorien weiter hinten sind in den umwerfenden historischen Londoner Theatern ein echtes Erlebnis. Ein persönlicher Tipp: Zu meinen Lieblingsstücken, die 2022 gespielt werden, zählen Come from Away und Book of Mormon, mein liebster Klassiker ist wie ihr in meinem Titelbild unschwer erkennen könnt Les Misérables.
Und manchmal, da sorgt die App auch mal für echte Erlebnisse, etwa weil du als Schnäppchen des Tages ein Ticket für einen Agatha Christie Klassiker erwischst, der statt im Theater in einem Gerichtssaal aufgeführt wird, oder wenn du dir versehentlich Plätze in den Stage Stalls im Old Vic, einem der Theater außerhalb des Theaterdistrikts buchst und unvermittelt die Vorstellung von der Bühne aus verfolgst. Durch die Rundum-Architektur des Theatersaals kommen hier besonders spannende Inszenierungsideen zum Einsatz.
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 3 – Urlaub auf dem Bauernhof
Wenn du London bisher immer nur von seiner Großstadtseite kennengelernt hast, der Seite mit den Bankentürmen, Pendlerströmen in den Gängen zur U-Bahn und auf den Straßen der City, und Hunderten Touristen an den Sightseeing-Klassikern und vollen Bussen, dann könnte es jetzt überraschend werden. Nur ein Stück weit außerhalb der Innenstadt, etwa eine Stunde Schlendern an der Themse entfernt, leben auf der Isle of Dogs, die von Süden aus von der Themse umschlossen wird, auf dem City-Bauernhof Mudchute Farm Schafe, Schweine, Lamas, Esel und Kühe.
Und stehen damit im großen Kontrast zu den vielen Hochhäusern der Bürostadt Canary Wharf in direkter Nachbarschaft zum Gelände des Bauernhofs, der unter den vielen schönen Londoner Parks dank seiner tierischen Bewohner ganz ohne Mühe heraussticht. Betrieben wird das Ganze übrigens von einer gemeinnützigen Stiftung, die man mit gesparten Eintrittspreisen für andere Londoner Sehenswürdigkeiten ruhig mal unterstützen kann. Ideal für eine Pause vor dem Rückweg in die City ist die Gastro, die zur Farm gehört, und selbstgemachtes Eis gibt es hier auch.
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 4 – And I Would Walk 500 Miles
Zugegeben: In einer Stadt von der Größe Londons komplett zu Fuß unterwegs zu sein, ist eher was für Fortgeschrittene. Das hält dich aber nicht davon ab, zumindest den ein oder anderen Ausflugstag auch mal mit einem ausgiebigeren Spaziergang zu verknüpfen. Mit der Oyster Card geht es dann an einen Ort, der im Zentrum mehrerer Orte liegt, die du sehen möchtest – und dann geht’s einfach der Nase nach. Noch ein Tipp das meiste aus deinem Sightseeing herauszuholen, ist den langsameren Weg zu wählen und statt der U-Bahn einfach den Bus zu nehmen. Und dann einfach aussteigen wo es schön ist und einfach die Zeit vergessen.
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 5 – Wembley it is…
Ich weiß, ich weiß, bei einer Low-Budget-Reise plant man am besten gar keinen großen Shoppingausflug ein, aber dann überkommt einen im Urlaub eben dann und wann doch die Gönn-dir-Laune. Statt teuren Touri-Shops und Kaufhäusern in der Innenstadt, kann es sich dann aber lohnen ein Stück stadtauswärts bis zur Haltestelle Wembley Park zu fahren. Hier gibt es nicht nur das zweitgrößte Fußballstadion des ganzen Kontinents, sondern auch eins der größten Outlet-Center Großbritanniens.
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 6 – Sightseeing der unterirdischen Art
Klar kannst du dir auch ein paar hundert Pfund zur Seite legen und den Stadtführer London mit all seinen historischen Orten von vorn bis hinten durcharbeiten – die Geschichte des Landes hat dafür ohne Frage genug zu bieten. Es geht aber auch subtiler und ganz kostenlos zu Baudenkmälern und Stadtgeschichte. Ein herrlicher Ort in London auf Zeitreise zu gehen, ist der Greenwich Foot Tunnel, der schon seit Sommer 1902 die Isle of Dogs mit dem Stadtteil Greenwich verbindet. In den Tunnel geht’s über einen Aufzug oder die historischen Wendeltreppen, unten geht’s über knapp 400 Meter durch ein Stück echte Ingenieurskunst. Am Südufer der Themse angekommen, erwartet dich dann nicht nur einer der schönsten Ausblicke auf die City (von Greenwich Park), sondern mit dem Nullmeridian auch einer der wichtigsten klassischen Tourispots der Stadt – von Weitem betrachtet ebenfalls kostenlos.
Ein anderer spannender Zeitzeuge über der Erde ist die Gegend rund um den Regent’s Canal. Hier erzählt der historische Wasserweg mit den bunten Hausbooten, die hier unterwegs sind von den Zeiten aus den Anfängen der industriellen Revolution, als der Weg per Schrittgeschwindigkeit im geradeaus am Kanal entlang noch der schnellste war, um Waren, Material und Werkzeug durchs ganze Königreich zu transportieren.
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 7 – Museum von der Rolle
Wer was zur Geschichte Hollywoods lernen will, der fängt am besten mit der Geschichte des britischen Kinos an, schließlich wurde der englische Film in seinen frühen Jahrzehnten noch von Persönlichkeiten wie Charlie Chaplin oder Alfred Hitchcock geprägt. Diesen Zeiten auf die Spur geht etwas außerhalb ein herrlich schrulliges Museum, das Exponate aus knapp einem Jahrhundert Kinogeschichte gesammelt hat. Alte Projektoren, Dokufilme über das Leben in England vor vielen Jahrzehnten, hunderte Plakate, Schilder und Fundstücke gibt es hier zu sehen und entdecken. Die Menschen, die hier die Besucher durch die heiligen Hallen führen, geben neben Wissen eine riesige Menge Herzblut weiter.
Das Eintrittsgeld, das im Vergleich zu vielen Londoner Museen recht niedrig ist, geht auch hier zugunsten der Betreiber des privat geführten Hauses, das ums Überleben kämpft, seit eine Immobilienfirma das Gelände, auf dem es seit 1986 zu Hause ist, gekauft hat.
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 8 – Konzert ohne Ticket
Auch wenn ich es zwischen den vielen Möglichkeiten zwischen Theater, Musical und internationaler Gastro immer wieder gern vergesse, gibt es in London natürlich auch etliche andere Möglichkeiten, den Abend zu verbringen. Eine schöne und günstige sind Besuche in Pubs und andere Locations, in denen es (gegen kleinen oder kostenlosen Eintritt) Live-Musik gibt. Ein Ort, bei dem sich immer ein Blick ins Programm lohnt, ist etwa der urige Porterhouse Pub in Covent Garden. Livemusik im Plattenladen gibt es regelmäßig bei Rough Trade East in Shoreditch.
Kostenlose Konzerte kannst du im Innenstadtbereich von London vielerorts auch auf den Straßen und Plätzen und sogar in den Gängen zur U-Bahn hören. Einige Straßenmusiker haben hier sogar ihre CDs im Gepäck und spielen im öffentlichen Raum, um sich in der Londoner Musikszene bekannter zu machen. Wenn’s gefällt, kannst du bei vielen der Straßenkünstler inzwischen übrigens auch einen Obolus per EC- oder Visakarte in den „Hut“ werfen.
Low-Budget Reisetipps für London: Tipp 9 – Die Stadt als Museum
So klischeehaft selten Schönwettermomente für London sind, sollte man sie dann wirklich nicht drinnen verbringen – selbst wenn zahllose Museen und Galerien auf beiden Seiten der Themse rufen. Die Alternative ist draußen auf Kunstsafari zu gehen und sich von den Straßenkünstlern im Stadtteil Shoreditch begeistern zu lassen.
Die Brick Lane, wo der Kunstspaziergang idealerweise beginnt, erreicht man etwa über die Underground-Haltestelle Aldgate East. Etwas nordwestlich in der Rivington Street hat sich auch der bekannteste Street Artist Banksy verewigt. Andere Viertel, in denen in London Straßenkunstwerke ganze Viertel zum Outdoor-Museum machen, sind etwa Camden, Southbank (in beiden Fällen rund um die Streetfood-Märkte Camden Market und Borough Market), Soho (Wardour Street) oder Croydon (rund um die Park Street). Etwas spannendes Neues findet man auch hier eigentlich immer.
Und nun seid ihr dran, liebe London-Fans. Was sind eure liebsten Low-Budget Spots, Ideen und Tipps für die englische Hauptstadt, oder habt ihr sogar günstige Alternativideen für andere Städtetrips in Großbritannien. In meinen 7 Reisetipps für 2022 habe ich übrigens ebenfalls eine andere britische Metropole empfohlen, in die sich auch mal ein Kurzabstecher lohnt.