Klar dauert es länger als ein paar Stunden, um eine Stadt richtig kennenzulernen, aber wie heißt es so schön? Es ist der erste Eindruck der zählt. Und so können auch schon wenige Stunden dafür sorgen, dass du zumindest ein erstes Gefühl für die Stadt bekommst. In meiner Serie First Impressions gibt es Tipps, was ihr in verschiedenen Städten in drei, fünf und sieben Stunden erleben könnt. First up: Meine Wahlheimat Frankfurt am Main – in einem halben Tag.
Mit ihren rund 750.000 Einwohnern ist Frankfurt die fünftgrößte deutsche Großstadt und eine ganze Ecke kleiner, als viele die Metropole am Main mit ihren breiten Straßen, Bankentürmen, Verkehrsknotenpunkten und Vorurteilen so einschätzen. Das habe ich in inzwischen acht Jahren als Wahlfrankfurterin gelernt – und auch, dass es sich umso mehr lohnen kann, dann und wann ganz genau hinzuschauen.
Und weil das am besten geht, wenn man auch mal die Perspektive von Einheimischen einnimmt, geht mein Vorschlag, wie ihr fünf Stunden Layover-Zeit in Frankfurt verbringen könnt, auch ein Stück weit über klassisches Sightseeing hinaus und ist ganz bewusst darauf ausgelegt, auch dann und wann mal vom Weg abzukommen. Startpunkt ist wie bei Teil 1 meiner Serie, der Minitour durch Frankfurt, der Haupteingang des Hauptbahnhofs ganz in der Nähe der Gepäckschließfächer.
Kleiner Abstecher nach Frankfurt am Main: Ungewöhnliche Sightseeing-Route
Während wir auf der ersten Tour durch Frankfurt schon ganz am Anfang die Nähe zum Main gesucht haben, geht es bei dieser Variante (die Karte zur Route findest du wie immer unten im Post) erstmal ein Stückchen weg vom Fluss. Bevor wir in unserem Frankfurter Kennenlernprogramm Innenstadt und Mainufer ansteuern, machen wir nämlich erst noch einen kleinen Abstecher in einen Stadtteil, der alle Frankfurt-Klischees einfach mal so eben auf den Kopf stellt. Und unterwegs dahin, gibt’s sogar noch ein bisschen klassisches Sightseeing. Für den Weg kannst du dir entweder am Bahnhof selbst oder jeden Dienstag oder Donnerstag am Wochenmarkt an der Kaiserstraße noch einen kleinen Snack oder Kaffee für unterwegs organisieren, und dann kann’s auch schon losgehen.
Vom Bahnhof aus ist die Kaiserstraße nicht nur der schnellste Weg Richtung Innenstadt, sondern streng genommen auch der einfachste, es geht nämlich einfach nur stur geradeaus, immer den Hochhäusern nach. In unserem speziellen Fall sind die Bankentürme sogar noch der perfekte Indikator, wann es ans Abbiegen geht, denn die Kreuzung Kaiser-/Neue Mainzer Straße ist dank ihnen nicht zu übersehen. Hier stehst du plötzlich mittendrin im Bankenviertel, direkt am Fuß der Wolkenkratzer und verstehst für einen ganz kurzen Moment, warum die Zugezogenen und Pendler so gern von Mainhattan sprechen. Wenn du die Neue Mainzer erreicht hast, biegst du nach links in Richtung Taunusanlage ab und passiert unterwegs zur Alten Oper gleich noch eine der beeindruckendsten Fotoperspektiven der Frankfurter Skyline. An der nächsten Straßenkreuzung, wo die Neue Mainzer auf Taunustor und Große Gallusstraße ragen gleich vier Türme in den Himmel. Beste Fotogelegenheit bei blauem Himmel.
Inspiration für deine Stadterkundung in Frankfurt am Main: Von der Kriegsruine zum Konzerthaus
Von der modernen Architektur geht es jetzt auf direktem Weg zu einem der schönsten Baudenkmäler Frankfurts, wobei die Alte Oper – genau wie so ziemlich alle historisch bedeutsamen Frankfurter Gebäude nach dem Krieg wieder aufgebaut werden musste. Nach Jahrzehnten als Kriegsruine dauerte es sogar bis ins Jahr 1981 bis das prächtige Konzerthaus wieder eingeweiht wurde. Hinter der Alten Oper blühen im Frühjahr die schönsten Kirschbäume der Stadt und ein versteckter Park bildet einen Schleichweg, über den wir uns jetzt erstmal an der Hektik der Innenstadt vorbeischlängeln und die Natur genießen, die die Großstadt am Anlagenring für uns bereithält.
Die Bockenheimer Anlage verbindet die Alte Oper mit einer der meistbefahrenen Kreuzungen der Stadt, dem Eschenheimer Tor. Vor vielen Jahrhunderten als Frankfurt noch viel kleiner war als heute und seine Stadtteile noch Dörfer lag hier einmal der Wachposten an der Stadtgrenze. Was uns direkt schonmal auf den kleinen Abstecher in den Stadtteil Bornheim einstimmt, der nicht ohne Grund das “lustige Dorf” genannt wird. Der Weg zur Hauptstraße des Stadtteils, der Berger Straße, führt uns noch vorbei an der historischen Peterskirche, auf dessen winzigen Friedhof Goethes Eltern begraben sind sowie durch den Chinesischen Garten des himmlischen Friedens. Allein deshalb hat es sich doch schon gelohnt, die klassischen Touripfade zu verlassen, oder?
5 Stunden in Frankfurt am Main: Perfekte Mischung aus Stadt und Dorf
Wenige Schritte von hier beginnt sie dann auch die Berger Straße, die uns in den alten Ortskern Bornheims begleiten soll und schon ein Stückchen bergauf führt (wer abkürzen mag, kauft sich gleich eine Tageskarte und nimmt die U-Bahn bis Bornheim-Mitte). Würde man von hier noch ein paar Kilometer weiter stur in nordöstliche Richtung laufen, käme man im Stadtteil Seckbach an den höchsten Punkt der Stadt, den Lohrberg, den man sich aber besser für einen Frankfurtbesuch mit etwas mehr Zeit aufspart. Stattdessen geht’s vom Fünffingerplätzchen auf Erkundungstour im historischen Bornheim, zur “Zwiwwelkerch”, der alten Johanniskirche mit ihrem Zwiebelturm und wenn man genug hat von der Illusion des dörflichen Frankfurts gen Süden zur Trambahn-Haltestelle Ernst-May-Platz. Von hier bringt dich die Linie 14 vorbei am Frankfurter Zoo zurück in den trubeligen Teil Frankfurts.
Stärkung gefällig? Meine Café- und Restaurant-Tipps in Frankfurt für deine Mini-Tour durch Frankfurt |
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Cereal Culture Café Saalburgstr. 39 – Absolute Herzensempfehlung, nicht nur weil die Inspiration dazu aus London stammt. Die Ladentür öffnet für mich immer wieder ein Portal zum Frühstücksflockenhimmel. |
Heroes Burger Leibnizstr. 13 – Unweit der Berger Straße in Bornheim treffen leckere Burger auf coole Street-Art. Hier kann man auch wunderbar draußen sitzen. |
Sonamu Berger Straße 184 – Eins meiner ewigen Top 5 Restaurants in der Stadt und der Beginn meiner Liebe zu koreanischem Essen. Hier werden alte Familienrezepte aus Südkorea gekocht. |
Apfelwein Solzer Berger Straße 260 – Frankfurter Klassiker. Die meisten Apfelweinwirtschaften gibt’s zwar südlich des Mains, das Solzer gehört dennoch zu den besten der Stadt. |
Pizza Rund & Bunt Großer Hirschgraben 18 – Eine der neueren Pizzerien der Stadt und ganz sicher eine der buntesten. Neben farbenfrohen Belägen kannst du hier auch beim Boden kreativ werden. |
Café Metropol Weckmarkt 15 – Durch seine Nähe zu einigen der schönsten Kunstmuseen der Stadt hat das Metropol für mich immer ein bisschen was von La Vie Bohème. Unter der Woche kannst du hier bis 13, am Wochenende bis 16 Uhr frühstücken. |
Merals Dönerboot südliches Mainufer zwischen Eiserner Steg und Untermainbrücke – Im Frühling und Sommer einer der besten Döner der Stadt und noch dazu ein echtes kleines Kuriosum. |
Im Herzen Afrikas Gutleutstr. 13 – Noch so eine meiner persönlichen Lieblingsküchen. Gekocht wird hier eritreisch, das Restaurant schafft eins der schönsten Ambiente im Bahnhofsviertel. |
Mian Nudelhaus Niddastr. 52 – Was viele nicht wissen: Fans asiatischer Küche feiern das Frankfurter Bahnhofsviertel gern für seine viele authentischen asiatischen Restaurants. Ein schöner Anlaufpunkt für einen Test des Hypes. |
Den Sightseeing-Teil per Trambahn beendest du am besten auf Höhe der Station Römer/Paulskirche. Von hier kannst du direkt in die Frankfurter Neue Altstadt mit ihren erst kürzlich wiederaufgebauten Prachtbauten abbiegen, von wo sich Gässchen und Straßen bis zum Main hinunter schlängeln. Hier ist ein Abstecher auf den Eisernen Steg absolutes Pflichtprogramm, für den besten Schnappschuss der ikonischen Skyline gehst du am besten bis zur anderen Mainseite. Zurück an Land solltest du unbedingt auch noch einen Blick ins “Nizza” werfen, ein winziger quasi botanischer Garten direkt am Main. Durch die Gassen der Altstadt geht es von hier auf den Römerberg, den Platz vorm Frankfurter Rathaus und von hier aus nochmal für einen kurzen Abstecher auf die Zeil.
Und dann ist es auch langsam Zeit, auf die Uhr zu schauen und sich mal wieder Richtung Bahnhof zu orientieren. Praktischerweise – wir erinnern uns an den Start unseres Ausflugs – führt die Kaiserstraße ja auf direktem Weg zu unserem Gepäck und Anschlusszug weiter in die Welt hinaus (ganz eilige nehmen ab Willy-Brandt-Platz eine Tram zum Bahnhof). Aber wohin wir auch fahren werden, die Frankfurter Balance zwischen Stadt und Dorf darf uns ruhig noch einen Moment begleiten.