Französische Stadtgeschichten: Auf Radtour durch La Rochelle

Mit Hilfe von zwei Rädern lässt sich die Hafenstadt La Rochelle am französischen Atlantik auch mal mit wenig Zeit aus allen möglichen Winkeln erkunden. Von der historischen Innenstadt am Vieux Port geht’s in nur ein paar Minuten zum Meer und über ein renaturiertes Sumpfgebiet ein Stück außerhalb der Stadt wieder zurück zum ausgiebigen Sightseeing zu Fuß.

PRESSEREISE Als Ort, der in seiner Geschichte so umkämpft war wie die französische Festungsstadt, die einst den größten Hafen am Atlantik beheimate, lernt man es früher oder später, die Dinge zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Selbst wenn man dafür auch mal ein Stück tiefer in die Trickkiste greifen muss. Wie zum Beispiel im Fall der Anekdote, die La Rochelle Anfang der 90er-Jahre zur Unistadt machte.

Damals – der Bau der Universität war noch gar nicht offiziell genehmigt – fand in La Rochelle ein internationaler Gipfel von Staatsoberhäuptern statt und der damalige Premierminister François Mitterand lud kurzerhand das Staatsoberhaupt von Frankreichs engstem Partner und Nachbarn zur Grundsteinlegung der neuen Universität ein. Denn wer will schon nein zu Bauplänen sagen, für die Helmut Kohl als berühmter Gast der Stadt den Grundstein gelegt hat?

Radtour durch la Rochelle: Insider-Tips der Locals in der französischen Atlantikstadt

Unsere Reiseführerin Christine, die wenn sie nicht gerade deutschsprachige Journalist:innen in perfektem Deutsch durch die Stadt begleitet, fürs Tourismusbüro der Stadt arbeitet, muss kichern, als sie uns diese Geschichte erzählt, während wir gerade unter dem Vordach eines Neubauviertels stehen und das Ende eines sintflutartigen Regenschauers abwarten.

Unterwegs in La Rochelle lohnt es sich manchmal auch näher hinzuschauen und ranzuzoomen. Und wenn man mit dem Rad unterwegs ist, bedeutet das auch mal sich ein Päuschen zu gönnen. Foto: Sandra

Das sei die erste Lektion, sagt Christine, die wir über La Rochelle lernen müssten: Die Touristen erkennt man daran, dass sie mit hochgezogener Kapuze durch Regenschauer hechten – während die Locals sich ganz einfach unterstellen und abwarten bis der Wolkenbruch vorbei ist. Trocken trumpft pünktlich in dem Atlantikstädtchen, das man schon nach weniger als einer Stunde, die man hier unterwegs ist, einfach gernhaben muss.

La Rochelle am französischen Atlantik: Die Stadt per Leihrad erkunden

Begonnen hat unsere Radtour im Stadtkern, vor einer der Fahrradverleihstationen im Innenstadtviertel Le Gabut bei schönstem Sonnenschein. Hier wurden wir mit den E-Bikes versorgt, die uns die nächsten Stunden mit nur einer Handvoll PS relativ mühelos durch die Stadt bringen – nicht, dass man sich hier so nah am Atlantik mit großen Steigungen herumschlagen müsste, aber wenn einem die Hilfe schonmal angeboten wird, nimmt man sie eben auch an.

Von hier geht es direkt einmal rund um das Herz der Altstadt, das Hafenbecken des Vieux Port, der in einem Bild einen richtig großen Teil Stadtgeschichte erzählt. Die schmale Hafeneinfahrt, von der regelmäßig etwa Fähren zur nahegelegenen Île de Ré starten, wird gesäumt von den historischen Stadttürmen Tour St. Nicolas und Tour de la Chaîne, die schon seit ihrer Erbauung im Mittelalter als Wahrzeichen der Stadt gelten.

Direkt gegenüber des dritten Stadtturms im Bunde, dem Tour de la Lanterne, erinnert die im Jahr 2000 errichtete Plastik La Globe de la Francophonie an zwei Dinge: die Tatsache, dass heute in fast allen Winkeln der Welt irgendwo Französisch gesprochen wird und damit auch daran, dass La Rochelle vor Jahrhunderten zu den europäischen Hauptstädten des Sklavenhandels und der europäischen Kolonialisierung gehört hat, ein Erbe, von dem die Stadt auch in einigen Museen berichtet.

Die schmale Hafeneinfahrt zwischen den Stadttürmen prägt das Bild der Altstadt von La Rochelle. Mit dem Rad geht’s in Hufeisenform drumrum. Foto: Sandra

Radfahren am französischen Atlantik: Spannendes neues Naturschutzprojekt im Süden von La Rochelle

Von hier aus geht es mit den E-Bikes mit gefühlt zweimal ordentlich strampeln auch schon an den Atlantik, wo ein anderer historischer Turm besonders hübsch ins Meerpanorama hineinragt. Der hölzerne Phare du Bout du Monde, der “Leuchtturm vom Ende der Welt”, ist die exakte Kopie eines Leuchtturms, den französische Abenteurer vor der Küste Patagoniens in der argentinischen Region Tierra del Fuago entdeckt und Mitte der 90er kurzerhand vor La Rochelle nachgebaut haben.

Um sich zu überzeugen, dass in der 77.000-Einwohnerstadt Strände und Meer nicht die einzigen landschaftlichen Highlights sind, lohnt sich aber auch ein Abstecher in den Süden der Stadt. Ein Stückchen abseits vom Stadtkern südlich der Bahngleise wird hier seit einigen Jahren das Sumpfgebiet Marais de Tasdon renaturiert, das in herrlicher Natur Heimat für bedrohte und seltene Tier- und Pflanzenarten, darunter allein über 150 Vogelarten, werden soll.

Die Renaturierung des Sumpfgebiets Marais de Tasdon im Süden von La Rochelle ist noch ein recht junges Projekt in der Stadt – und schon eine Station auf der Radtour, die man nicht verpassen darf. Foto: Sandra

Stadttour durch La Rochelle: In der Innenstadt Rad abstellen und auf Entdeckungstour gehen

Wenn du nach der kleinen Rundfahrt durch La Rochelle wieder im Altstadtbereich angekommen bist, lohnt es sich ein schattiges Plätzchen für dein Rad zu suchen, weil auf ausladenden Plätzen und schmalen Straßen rund ums historische Rathaus ohnehin alle paar Meter Gründe zum Absteigen warten. Ein Bummel über den Innenstadtmarkt, Marché des Halles, wo regionale Produkte aus der Region Charente-Maritime verkauft werden, ein Zwischenstopp in einem der vielen Cafés und Restaurants oder ein Besuch im erst vor einigen Jahren eröffneten Museum zur Zeit der Deutschen Besetzung der Stadt, dem Musée le Bunker. Bekanntheit, vor allem im deutschsprachigen Raum, hat La Rochelle nämlich vor allem deshalb erlangt, weil der bekannte Film Das Boot in den historischen U-Boot-Bunkeranlagen von La Pallice beginnt, und hier in Teilen auch gedreht wurde. Und wo wir gerade bei berühmten Filmsets sind: Auch ein Teil der Szenen des ersten Indiana Jones-Streifens sind hier übrigens entstanden.

Ein besonders beeindruckender Abstecher zum Sightseeing lohnt sich, bevor du wieder dein Rad schnappst und nach Süden in Richtung Hafen fährst, übrigens auch im historischen Rathaus der Stadt. Das liegt nicht nur in dem besonders schönen Gebäude eines alten Renaissance-Palasts, sondern hat auch erst kürzlich eine ganz schön beeindruckende Geschichte erlebt. Nach einem Kurzschluss ist in dem historischen Gebäude nämlich vor kaum zehn Jahren ein Feuer ausgebrochen, bei dem ein großer Schaden entstanden ist. Der Wiederaufbau ist erst seit Sommer 2021 vollständig abgeschlossen und wird im Innenhof des Gebäudes auf Infotafeln dokumentiert.

Hinter dem Stadttor Porte de la Grosse-Horloge geht es in den Straßen und Gässchen der Altstadt von La Rochelle herrlich wuselig zu. Foto: Sandra

La Rochelle mit dem Rad: Letzte Etappe zum Hafenareal mit Aquarium und Maritimmuseum

Wer sein Rad bereits vor dem letzten Stopp des Tages schon in der Stadt wieder abgegeben hat, kommt zwar auch zu Fuß bequem in wenigen Minuten zum Areal unweit des Hafens, an dem mit dem Aquarium von La Rochelle und dem Musée Maritime noch zwei weitere Sehenswürdigkeiten warten. Gerade wer beiden einen Besuch abstatten will, kann aber ruhig die gut ausgebauten Radwege der Stadt noch ein bisschen länger genießen. Das Maritimmuseum erzählt anhand zahlreicher Museumsschiffe und Ausstellungsstücke die Geschichte der Seefahrt, das Aquarium gehört zu den größten privat betriebenen seiner Art in Europa.

Vom Bug der meteorologischen Fregatte France 1 siehst du La Rochelle zum Abschluss deiner Stadttour nochmal aus einer ganz neuen Perspektive. Foto: Sandra

Die Pressereise führte unsere Gruppe ins erstere von beiden, wo wir uns auf das größte Ausstellungsstück des Museums konzentriert haben. Die France 1 und ihre wissenschaftliche Besatzung waren als eines von mehreren Schiffen mitten im Atlantik unterwegs, um in Zeiten als es noch keine Satelliten gab, meteorologische Daten zu liefern. Heute dient sie nicht nur als Museumsschiff, das mit liebevollen Details eingerichtet ist, sondern steht auch unter Denkmalschutz.

Wenn du einen etwas längeren Trip an den französischen Atlantik planst, empfehle ich dir auch unbedingt einen Abstecher in die Stadt Arcachon, die etwa 250 Kilometer südlich von La Rochelle westlich von Bordeaux an der französischen Atlantikküste liegt. Mit der Dune de Pilat findest du eine der schönsten Küstenlandschaften Frankreichs hier ganz in der Nähe.

Warst du auch schonmal in La Rochelle unterwegs? Welche Spots sollte man in der Stadt deiner Erfahrung nach auf gar keinen Fall verpassen? Schreib mir gern in die Kommentare.

Empfohlene Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert