Auf Wochenend-Zugtrip in die Schweiz: Von Biel/Bienne zum Thunersee

Trotz ihrer Nähe zum Südosten Deutschlands fühlte sich die Schweiz als Reiseziel für mich bislang immer richtig weit weg an – einfach nur weil sie als Nicht-EU-Mitglied schwieriger zu bereisen ist als andere Nachbarländer. Und dann ist da noch die Sache mit den Preisklischees… Aber lohnenswert ist ein Ausflug über die Grenze trotzdem nicht nur wegen der Landschaften.

Ein bisschen fühlt es sich ja an als wäre man mit dem Überqueren der Grenze ins Nachbarland nicht nur in ein anderes Land, sondern auch in eine andere Welt gereist, inklusive technologischer Zeitverschiebung. Irgendwo, im Funkloch zwischen Freiburg und Basel haben sich die Vorzüge eines Smartphones verabschiedet, als wollten sie sagen “Du hast jetzt ein paar Tage Pause. Ob du willst, oder nicht.” Für Informationen zum Zug, den man dank der längeren Umstellung des alten italienischen Zugs von deutschem auf schweizer Stromnetz von Olten nach Biel abweichend von der geplanten Verbindung nehmen soll, fragt man die nette Schaffnerin nach Informationen. Und zum Bescheid geben bei der Freundin, die man besucht, gilt’s sich dank Zeichenbegrenzung der SMS kurz zu halten. Ein Richtiger HDGDL-Moment, dieser erste Abstecher in Deutschlands südliches Nachbarland, dabei bin ich in keinem Moment meines Wochenendtrips mehr als 100 Kilometer Luftlinie von Deutschland entfernt.

Dann steht jetzt wohl das auf dem Programm, was – ob man sich nun anderes vornimmt oder nicht – bei anderen Zugreisen immer wieder zu kurz kommt: Ausgiebig aus dem Fenster gucken. Sehen wie die Landschaft sich verändert, überhaupt Dinge zum ersten Mal sehen, ein anderes Land entdecken, von dem ich bislang viele Bilder im Kopf hatte, aber noch nie die Chance es zu bereisen.

Mein erster Kurztrip in die Schweiz: Informationen zur Vorbereitung – Roaming und Schweizer Franken

Mit der Schwierigkeit was die Kommunikation und Beschaffung von Informationen zur Weiterfahrt angeht, hätte ich rechnen können – wenn ich mich denn anständig vorbereitet hätte. Was ich wusste: Zur WLAN-Nutzung in Schweizer Zügen braucht man die App SBB Free Surf, die ich mir auch installiert hatte. Was ich nicht wusste, um sich darin zu registrieren, braucht man einen Handyvertrag aus einer Liste von Anbietern, von denen ich noch nie im Leben gehört hatte.

Mit dem Zug in der Schweiz bist du von vielen deutschen Städten aus in nur wenigen Stunden. Doch über der Grenze des Nachbarlands angekommen, gibt es einiges zu beachten. Foto: Sandra

Einfache Lösung für alle die vorhaben, regelmäßiger hier zu sein und in der Schweiz Zugang zum Internet zu haben: z.B. eine Prepaid-Karte im Telekom-Tarif Magenta Mobil dabei haben, die ist nämlich der einzige deutsche Provider, der in der Schweiz die gleichen Roaming-Bedingungen ermöglicht wie im EU-Ausland. Aber Achtung: Die günstigen Bedingungen gelten auch dann nur für die Datennutzung unterwegs – Telefonanrufe und SMS sind auch in diesem Tarif teurer als du es wahrscheinlich aus EU-Ländern gewöhnt bist.

Das zweite große Thema bei einer Reise in die Schweiz ist die Frage nach Bargeld und dem damit verbundenen Währungstausch von Euro in Schweizer Franken. Den kann man, wenn man sonst nur in EU-Länder oder allenfalls weiter weg reist bei der geringen Entfernung fast vergessen, dafür aber dankenswerterweise inzwischen auch eher auf die leichte Schulter nehmen. Wer mit Kreditkarte unterwegs ist, hat in der Schweiz gute Chancen, kein Bargeld zu brauchen. In Bussen, Supermärkten, Restaurants, Imbissen und Co. lassen sich auch kleine Beträge problemlos mit Karte zahlen. Der einzige Grund warum ich dann doch an einer Wechselstube am Baseler Hauptbahnhof gelandet bin, um Geld zu tauschen war, um kurzfristig an Kleingeld (2 CHF!) für die Bahnhofstoilette zu kommen.

In den schmalen Straßen und Gassen der Altstadt von Biel/Bienne kannst du ganz herrlich auf Entdeckungstour gehen. Von hier aus spazierst du gut 20 Minuten zum Ufer des Bielersee. Foto: Sandra

Kurztrip in die Schweiz: Von Frankfurt und anderen deutschen Städten mit dem Zug in den Kanton Bern

Nun aber zum Ziel meiner Reise in die Schweiz, die mich diesmal vor allem in den Kanton Bern führte, um dort eine Freundin zu besuchen, die in einer Stadt lebt, die ihre Zweisprachigkeit seit 2005 im Namen trägt. Biel/Bienne, wie auch der Bieler Bahnhof heißt, ist nämlich tatsächlich die offizielle Bezeichnung für die zehntgrößte Stadt der Schweiz, die heute vor allem für ihre Uhrenindustrie bekannt ist und am Rand des Jura-Gebirges sowie am Bielersee liegt. Neben den herrlichen Spazierwegen am See lang, lohnt sich aber auch ein Abstecher in die Innenstadt von Biel/Bienne. Hier gibt es neben einer historischen Altstadt mit viel Schweizer Flair auch ein kleines Kuriosum der Architektur zu entdecken: Nirgends außer in Tel Aviv und den klassischen deutschen Bauhaus-Städten wie Berlin oder Weimar ist seit den 1920er Jahren so viel Bauhaus-Architektur entstanden wie in Biel/Bienne.

Die schönsten Ausflüge rund um Biel/Bienne führen dich je nach Jahreszeit auf die Pfade und Brücken der nahegelegenen Taubenlochschlucht, in die Weinberge des kleinen Anbaugebiets nördlich des Sees, per Boot auf die St. Petersinsel mitten im Bielersee, am Ufer entlang in südlicher Richtung nach Nidau, Ipsach oder Möringen oder stadtauswärts ein Stückchen an den Ufern der Aare entlang. Ein recht kurzer Ausflug aber ein absolutes Muss ist die Fahrt mit der Bergbahn von der Talstation in Biel/Bienne nach Magglingen, wo du bei schönem Wetter einen tollen Blick über die Berge und über das Dreiseenland hast, zu dem neben dem Bielersee auch der Neuenburger See sowie der Murtensee gehören.

Von der Bergstation in Magglingen kannst du bei gutem Wetter weit bis in die Alpen gucken. An bewölkteren Tagen reicht aber auch der sensationelle Seeblick. Foto: Sandra

Zugreise in die Hauptstadt der Schweiz: Mit dem Zug von Biel/Bienne nach Bern

Sich in der Schweiz ganz und gar auf das Zugnetz zu verlassen, das ist nicht nur empfehlenswert wegen der bereits erwähnten Zeit, die man ganz ausgiebig nutzen kann, um aus dem Fenster zu schauen und die vorbeifliegenden Landschaften zu bewundern. Das Zugfahren in der Schweiz funktioniert auch dank großer staatlicher Investitionen in die Pflege des Bahnnetzes extrem gut, wenn auch die Tickets selbst bei langer Vorausbuchung ein wenig teurer sind als mancher es aus Deutschland gewöhnt sein mag. Klarer Spartipp: Wenn du deine Reise planst, vergleiche auch bei Fahrten innerhalb der Schweiz, was der Sparpreis mit Ankunfts- oder Abfahrtsbahnhof in Deutschland kosten würde. Wenn du also zum Beispiel von Biel/Bienne nach Zürich fahren willst, kann es sich lohnen den Schweizer Ticketpreis mit dem Fahrtpreis der DB (womöglich sogar mit Bahncard-Rabatt) nach Singen oder Konstanz zu vergleichen.

Von Biel/Bienne aus geht es auf ähnlichem Weg womöglich ebenfalls günstiger in weniger als einer halben Stunde weiter in die schweizer “Bundesstadt” Bern, die malerisch oberhalb des türkis schimmernden Flusses Aare liegt. “Bundesstadt” ist Bern, wo die Schweizer Regierung sitzt, aufgrund einer wohl recht kontrovers diskutierten Hauptstadtfrage bei der Staatsgründung im 19. Jahrhundert. Als Kompromiss wurde zwar Bern de facto als Hauptstadt festgelegt, darf aber nicht so heißen.

In der Schweizer “Bundesstadt” Bern führen etliche hohe Brücken über die Aare und zu herrlichen Aussichtsplätzen auf die Altstadt. Foto: Sandra

Das soll uns aber nicht weiter stören, denn Bern ist nicht nur wegen ihrer Lage oberhalb des rauschenden Flusses eine spannende Stadt, sondern auch aufgrund ihrer Baumaterialien, die die mittelalterlichen Gebäude der Innenstadt für ungewöhnliche Grüntöne sorgen. Abgesehen von der ungewöhnlichen Farbe erinnert das Stadtbild mit breiten Straßen und mächtigen Stadthäusern stellenweise an andere europäische Prachtstädte wie Wien, Paris oder München. Auch weil die gesamte Innenstadt von Arkadengängen durchzogen ist, wurde die gesamte Berner Altstadt von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt. Was Bern außerdem besonders macht, ist dass im Bärengraben mitten in der Stadt drei ausgewachsene Braunbären leben.

Ab in die Berge: Mit dem Zug von Bern zum Thuner See in der Schweiz

Zum Abschluss des Wochenendtrips muss es jetzt aber natürlich noch in die Berge gehen, die von Biel/Bienne sowie von unterwegs aus immer mal wieder aus der Ferne zu sehen waren. Ein besonders schönes Tor zur Bergwelt der Schweizer Alpen ist zum Beispiel, kaum 20 Minuten Zugfahrt von Bern entfernt die beschauliche Stadt Thun mit dem gleichnamigen See, hinter dem sich die ersten mächtigen Gipfel am Tag meines Besuches in Richtung Nebel erheben. Ob der Dunst den Anblick wirklich trüben muss, entscheidet aber jede und jeder für sich.

Selbst an etwas verhangenen Tagen scheinen die Schweizer Alpen vom Thuner See aus schon quasi zum Greifen nah. Wer aus dem Wochenend-Kurztrip ein Wochenende machen will, ist von hier aus schnell in den Bergen. Foto: Sandra

Neben dem Thuner See, der eine gute halbe Stunde Spazierweg vom Bahnhof in Thun entfernt liegt, hat Thun auch eine hübsche Innenstadt, in der du auf Entdeckungstour gehen kannst, oder du machst einen Abstecher zum mittelalterlichen Schloss Thun, das mit seinen mächtigen Türmen oberhalb der Stadt throhnt. Wer’s sportlich mag, kann in Thun zum Wassersport an den See gehen oder sich an mehreren Spots an der Aare im Flusssurfen ausprobieren. Ein teurer aber unvergleichlicher Ausflug von hier aus ist die Schifffahrt mit einem der alten Dampfschiffe über den See bis nach Interlaken.

Verbringst du auch gerne mal Wochenendtrips in der Schweiz? Dann verrat mit doch deine liebsten Zugtrips und warum man sie auf keinen Fall verpassen sollte in den Kommentaren!

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