Du liebst den Gedanken an Camping, fühlst dich aber nicht wohl dabei, ein gemietetes Wohnmobil einmal quer durch Europa zu bugsieren? Du reist wahnsinnig gern von Ort zu Ort, hast aber keine Lust ständig mit Sack und Pack weiterzuziehen zu ziehen? Und so ein Kreuzfahrturlaub ist dir irgendwie zu voll, zu hektisch und zu unpersönlich? Dann ist vielleicht ein Urlaub auf dem Hausboot das Richtige für dich – und die gibt’s in Europa in unzähligen unterschiedlichen Varianten.
Es gibt Dinge, die muss man genießen, wenn man auf den Flüssen und Kanälen Europas unterwegs ist, und sich mit leisem Brummen des Motors über das spiegelglatte Wasser bewegt. Die Stille der Natur, das Zusammensein mit den Menschen, die man sich im Vorfeld der Reise als Crew ausgesucht hat, das gemütliche Kochen an Bord oder abendliche Spaziergänge zu Restaurants in Ufernähe. Oder den vorgegebenen Weg, von dem man kaum abweichen kann, weil er entlang der eingezeichneten Strecke von Wasserkarten führt und sich nur selten spontan Alternative Abzweigungen bieten. Das wichtigste aber, was man beim Hausboot-Urlaub auf jeden Fall zu genießen lernt, ist Geduld. Denn der Motor, der die bis zu 15 Meter langen, tonnenschweren Gefährte übers Wasser schiebt, erreicht kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit und scheint damit die perfekte Basis zu sein für die alte Floskel vom langsamen, einfachen und neugierigen Reisen. Der Weg ist das Ziel!
Spannend macht das Konzept Hausboot-Urlaub trotz des gedrosselten Tempos so einiges. Liegeplätze inmitten von Landschaften, die kaum ein Wohnmobil, Fußgänger oder Radler je erreicht, das gemütliche Zuhause auf Zeit, das man sich mit Freund:innen teilen kann und das einfach so mitreist, hin und wieder der Sprung ins kühle Nass an einem heißen Frühsommertag. Und natürlich die unterschiedlichen Fahrgebiete, die sich bei den großen Hausboot-Charterfirmen wie Le Boat oder Locaboat über halb Europa erstrecken. Es geht in die Seenlandschaften im Nordosten Deutschlands, auf die Kanäle und Flüsse in vielen Ecken Frankreichs, über Seen und Kanäle im niederländischen Friesland oder auf dem ausladenden River Shannon vorbei an jahrhundertealten Burgen und Ruinen durch Irland. Je nach Fahrgebiet und Größe des Hausboots liegen dann auch die Charterpreise, die für ein kleines Boot für vier Personen etwa bei 1600 Euro pro Woche (zzgl. Treibstoffkosten) liegen.
Hausboot-Urlaub: Ohne Führerschein zum Captain auf Zeit
Die Besonderheit an dieser Art zu Reisen: Beim Chartern eines Hausboots erhältst du eine Einweisung in die Bedienung, womit dir für die Mietzeit automatisch eine zeitlich begrenzte Fahrerlaubnis erteilt wird. Du benötigst für Hausboote unter 15 Metern Länge also keinen Bootsführerschein und lernst das Fahren von den Mitarbeiter:innen deiner Leihstation ganz praktisch, meist unterwegs zur ersten Schleuse. So kannst du alle deine Fragen stellen und bekommst gemeinsam mit deiner Crew alles gezeigt und erklärt. Wenn unterwegs weitere Fragen auftauchen, hast du zudem immer eine Ansprechperson bei der Verleihstation, die du von unterwegs erreichen kannst. Und hilfsbereite Menschen, die beim Anlegen assistieren, beim Schleusen deine Seile entgegennehmen oder anderweitig Unterstützung leisten, finden sich quasi ebenfalls von ganz allein.
Nach der ersten Einweisung an der Basis kann der Hausboot-Urlaub also direkt losgehen, je nach Anreise und Lage der Basis am besten mit einem kleinen Einkauf, falls das nicht das Team der Verleihstation für dich übernommen hat. Einige Tipps, was in den Kühl- und Vorratsschränken deines Hausboots nicht fehlen darf, findest du weiter unten. Wenn alle Einkäufe erledigt sind und alles Gepäck an Bord verstaut, geht es also direkt los mit der Reise, deren Route du im Normalfall bei der Planung festlegst, indem du dich je nach Vorlieben und Interessen für ein Fahrgebiet entscheidest. Auf den Websites der Verleiher findest du dazu vorab viele Informationen, genaue Fahrzeiten und Anzahl der Schleusen für deine Streckenplanung und viele Tipps zu Sehenswertem am Wegesrand, so dass du je nach zur Verfügung stehender Zeit deinen Hausboot-Urlaub bis ins Detail planen oder dich vor Ort einfach treiben lassen kannst.
Planung deines ersten Hausboot-Urlaubs: Einkaufsliste und mehr
Wichtigstes Utensil, das du für den Hausboot-Urlaub in jedem Fall dabei haben solltest, ist eine Sonnenbrille, um deine Augen vorm reflektierenden Wasser zu schützen, dem du dich als Hausboot-Captain teilweise über Stunden gegenüber sehen wirst. Ebenfalls empfehlenswert vor allem im Sommer sind Badesachen, da die Boote in der Regel über eine Wassertreppe verfügen und so die besten Voraussetzungen liefern, unterwegs kurz festzumachen und an einem ruhigen Fleckchen ein bisschen Abkühlung zu genießen. Einige Boote haben auch eine Außendusche, so dass man an heißen Sommertagen auch mal kurz das Steuer weiterreichen kann und die Abkühlung quasi um die Ecke liegt. Was Bootsverleiher ebenfalls empfehlen sind Schutzhandschuhe fürs Schleusen.
Kommen wir zur Einkaufsliste für deinen Hausboot-Urlaub. Auch hier steht die Abkühlung an erster Stelle, so dass du je nach Größe deiner Crew und Einkaufsmöglichkeiten unterwegs vor allem genügend Wasser einplanen solltest. Dazu kommen Kaffee, den du mithilfe eines Topfs Wasser auf dem Herd und einer French Press morgens frisch zubereiten kannst. Fürs Frühstück kannst du Brötchen aufbacken und Eier kochen oder Porridge, Müsli oder Cereals auf Vorrat einkaufen. Die meisten Boote verfügen über einen gasbetriebenen Herd und Ofen, sodass man sich problemlos auch eine ganze Woche selbst versorgen kann. Für die Hauptmahlzeiten schnell zuzubereiten sind etwa Pastagerichte, Gemüsepfannen oder Eintöpfe. Größere Boote, wie die Horizon-Modelle von Le Boat verfügen auch über einen separaten Grill an Deck.
Kabine mit eigener Dusche: Geräumige Ferienwohnung auf dem Wasser
Insgesamt ist so ein modernes Hausboot inzwischen häufig genauso gut, wenn nicht gar besser ausgestattet als eine Ferienwohnung. So hat auf vielen Booten jede Kabine ein eigenes Bad mit Dusche, das nach Raumsparkonzept aufgebaut ist aber auch bei größerer Besatzung dazu führt, dass kein Krieg um die Badezimmerbenutzung ausbricht. Das wichtigste, das es dabei zu beachten gilt, ist regelmäßig einen Standplatz zu suchen, bei dem man seine Wasservorräte auffüllen kann. Die größten Hausboote haben Wassertanks von um die 600 l Fassungsvermögen. Für warmes Wasser und Strom sorgt der Bordmotor, was dazu führen kann, dass nach einigen morgendlichen Duschen solang das Boot noch steht, vorerst nur kalt geduscht werden kann.
Insgesamt bewegt sich das Boot jedoch so langsam und gemächlich, dass man in einer größeren Crew problemlos auch unterwegs immer wieder die Chance hat, fix duschen zu gehen, sich für ein Mittagsschläfchen aufs Ohr zu hauen, oder an der Küchenzeile den Kochlöffel zu schwingen und schonmal Mittag- oder Abendessen vorzubereiten. Was die Fahrzeiten angeht, darf man sich generell von Sonnenaufgang bis zur Dämmerung vorwärts bewegen und sollte dann einen Platz zum Anlegen gefunden haben, da es entlang der Wasserwege nicht selten stockdunkel wird.
Sightseeing planen beim Hausboot-Urlaub: Städte und Dörfer entlang der Strecke
Was es an der Strecke letztlich zu unternehmen, erleben, probieren und anzuschauen gibt, entscheidet allein, welches Fahrgebiet deine Crew sich bei der Planung ausgesucht hat. Während das Inland der Bretagne etwa für die historische Hafenstadt Redon und weiter im Norden das malerische Städtchen Dinan mit viel Fachwerk und Kopfsteinpflaster bekannt ist, geht es auf dem Shannon in Irland vorbei an steinalten Ruinen und großen Seen, die sich auch mit einem motorisierten Beiboot näher erkunden lassen. Besonders viele Reviere gibt es vor allem in Frankreich, wo in fast jedem Winkel des Landes von der deutschen und belgischen bis zur spanischen Grenze fast überall tolle Wasserrouten an hübsche Orte führen.
Bei meiner bisher einzigen klassischen Hausboot-Reise hatte ich die Gelegenheit mit einer kleinen Gruppe Journalistinnen die Bretagne zwischen der unweit von Rennes gelegenen Stadt Guipry-Messac und dem kreativen Örtchen La Gacilly zu erkunden. Von einem malerischen Viadukt und dem hübschen Flüsschen Aff, dem Naturschutzgebiet Île-aux-Pies bis zur größeren Stadt Redon gibt es dort unterwegs zahlreiche verschiedene Dinge zu sehen. Wer aussteigen und an Land weiter auf Erkundungstour gehen will, kann sich Fahrräder mieten oder einen Abstecher in einen Kletterpark machen.
Besondere Hausboot-Reise durch England: Im Narrow Boat auf Kanälen und Flüssen
Wer schonmal klassischen Hausbooturlaub gemacht hat und das ganze gern nochmal in ursprünglicherer Form erleben möchte, für den habe ich außerdem noch einen kleinen Insider-Tipp, der in eins meiner Lieblingsländer führt. In Großbritannien – um genau zu sein vor allem in England und Wales – bieten die so genannten Narrow Boats ein ebenfalls durch und durch entschleunigendes Hausboot-Erlebnis, und das auf einer Länge von bis zu rund 20 Metern. Dafür sind die Boote, wie der Name verrät, ganz schmal und werden an der Rückseite über einen Hebel statt mit einem klassisches Steuerrad gelenkt. Auf diesen Booten befindet sich im Regelfall eher ein Bad statt mehreren und auch der Luxus in der Küche ist nicht ganz so groß wie in den größeren Hausbootmodellen auf den europäischen Wasserwegen. Dafür sind die Boote oft von ihren Besitzern handgefertigt und sorgen einfach für ein einmaliges Flair, wenn man mit ihnen in die Schleusen einfährt, die man noch durch eigene Muskelkraft bedienen muss.
Ein schönes Urlaubsziel für eine Narrow Boat-Reise ist etwa die hübsche Region Warwickshire unweit von Birmingham, wo etwa die englische Kleinstadt Stratford-upon-Avon jährlich Millionen von Tourist:innen anlockt. Die Heimat von William Shakespeare ist nicht nur ein besonders spannendes Kapitel englischer Geschichte, sondern auch ein besonders hübsches Fleckchen.
Habt ihr auch schonmal auf einem Hausboot Urlaub gemacht? Welche sind eure liebsten Flüsse und Kanäle um entspannt durch die Urlaubsregion zu schippern und welche Gebiete reizen euch fürs nächste Mal?