Kreativ und mittendrin: Die versteckten Orte im Herzen der Bretagne

Die meisten Frankreich-Fans verbinden die Bretagne mit spektakulären Klippen, pittoresken Leuchttürmen, Küstenpanoramen und versteckten Badebuchten. Doch auch das Inland der französischen Region ist viel mehr als nur einen Kurzabstecher wert. Wie ich darauf komme und welche Orte ich euch dafür besonders ans Herz lege, lest ihr in meinem Premierenbeitrag nach dem heimlichen Relaunch meines Blogs.

PRESSEREISE Wer in die Bretagne fährt, will Weite, raue See, das einzigartige Klima des Ärmelkanals, steile Klippen und spektakuläre Ausblicke. Dachte ich. Eigentlich. Und so war ich doch einigermaßen irritiert, als im Frühjahr die Einladung zu einer Pressereise in Haus flatterte, die zwar in die Bretagne führen sollte, aber nicht eine einzige Sekunde ans Meer. Mit dem Zug sollte es über Frankreichs Hauptstadt Paris nach Rennes gehen, von dort aus weiter in eine Kleinstadt etwas südlich der bretonischen Hauptstadt. Und dann weiter im Hausboot über die bretonischen Wasserwege ‒ durch eine Landschaft, die nicht einem einzigen Klischee von Urlaub der Bretagne entspricht. Dass ich ‒ wahrscheinlich gerade deswegen ‒ zugesagt habe, ist nicht schwer zu erraten, oder?

Die drei wichtigsten Orte entlang unserer Reiseroute waren die bretonische Hauptstadt Rennes, die im TGV ab Paris Montparnasse in weniger als zwei Stunden zu erreichen ist, die Binnenhafenstadt Redon (ca. 9200 Einwohner), die schon im Mittelalter als offizieller Hafen für Rennes zum wichtigen Drehkreuz wurde und die pittoreske Kleinstadt La Gacilly, wahrscheinlich eine der schönsten Städte der gesamten Halbinsel ‒ und das obwohl ringsum etliche Orte mit Küstenflair und Meeresluft aufwarten können.

Reise in die Bretagne: Eine Halbinsel ganz im Westen Europas

Die Besonderheit an der Lage aller drei Städte: Sie befinden sich auf einer Halbinsel die ganz im Westen Frankreichs in den Atlantik hineinragt. Dabei reichen die westlichsten Teile der Bretagne sogar an die Westküste des Nachbarn im Norden, Großbritannien, heran. Nachdem Frankreich der Einfachheit halber dennoch bei einer Zeitzone bleibt, erlebt man hier schon im Frühling faszinierend lange Abende mit geselligen Runden und den typisch bretonischen Getränken Cidre, Kir Breton (Cidre mit einem Schuss Cassis) und dem Met-ähnlichen Chouchen. Auch ihre Lage direkt am Ärmelkanal macht die Halbinsel zu einer der beliebtesten Urlaubsregionen in Frankreich.

Die winzige Kleinstadt La Gacilly hatte nicht nur lange Zeit einen prominenten Bürgermeister: Ein Besuch hier lohnt sich auch wegen der herrlichen Lage des Städtchens am Fluss Aff. Foto: Sandra

Aber eben vor allem entlang der Städte und Ortschaften entlang der über 2700 Kilometer langen bretonischen Küste, die etwa vor Saint-Malo mit beachtlichen Gezeiten fasziniert und mit pittoresken Fischerstädtchen und atemberaubenden Naturlandschaften Millionen Tourist:innen nicht nur aus Frankreich anzieht. Im Inland der Bretagne ist das Reisendenaufkommen deutlich geringer als an der Küste, Bretagne-Kenner:innen raten aber mit gutem Recht dazu, den nächsten Urlaub mal in Kombination aus Küsten- und Inlandsabstechern zu planen.

Unterwegs im Inland der Bretagne: Prächtige Stadthäuser in der Hafenstadt Redon

Ein wunderschöner Kleinstadt-Trip in die Bretagne wartet etwa im Hafenstädtchen Redon, das als es als Hafen von Rennes an den Flüssen Vilaine und Oust entstand noch offiziell Seehafen war. Vor Modernisierungsarbeiten an den Wasserstraßen von Redon, kamen hier ähnlich wie in Norddeutschen Hafenstädten noch kilometerweit von der Küste entfernt Ebbe und Flut an. Die frühesten Schiffe, die hier weit vor den Erfindungen der modernen Schifffahrt vergleichsweise langsam fuhren, mussten unterwegs zum Beladen und Löschen in Redon unterwegs noch eine Ebbe aussitzen.

Heute kommt zu den Wasserwegen der Stadt mit ihren hübschen Marinas, prunkigen Patrizierbauten und schmucken Fachwerkhäuschen noch der für den Tourismus wichtige Canal Nantes-à-Brest hinzu, der nicht nur Bootsreisenden herrliche Möglichkeiten gibt, die Halbinsel Bretagne zu durchqueren: Auch zum Wandern und Radfahren eignen sich die Ufer des teils über Kilometer kerzengerade verlaufenden schmalen Kanals besonders schön.

In der Hafenstadt Redon in der Bretagne stehen nicht nur steinerne Prachtbauten aus Zeiten wohlhabender Händler: Auch die Fachwerk-Straßenzüge der Innenstadt sind gut erhalten. Foto: Sandra

Idyllische Orte in der Bretagne: Mit dem Rad entlang der Kanäle gegenüber der Île-aux-Pies

Wer dem Kanal auf diese Art in nördlicher Richtung gute zehn Kilometer folgt, gelangt an eine besonders schöne Stelle am Ufer des Flusses Oust mit beeindruckenden Felslandschaften auf beiden Seiten. Die Klippen aus Granit und Schiefer ziehen auf der Ostseite Naturliebhaber auf die Wanderwege eines Naturschutzgebiets, im Westen locken Kanuverleih, Kletterpark, Campingplatz und Bootsanleger Abenteuersuchende. Wer hier inmitten der Natur am Ufer, weit unterhalb der nächsten Siedlung, übernachtet, wird mit eindrucksvollen Naturmomenten an einem der faszinierenden Orte im bretonischen Inland und mit Glück einem klaren Sternenhimmel in völliger Dunkelheit überrascht.

Auch von der Île-aux-Pies (sprich: Il-O-Pi) kann man einfach mit dem Fahrrad weiter auf Erkundungstour in der Region gehen. Folgt man dem Radweg am Nantes-à-Brest-Kanal entlang zeigt in nur wenigen Minuten ein Wegweiser zum gerade einmal sechs Kilometer entfernten Städtchen La Gacilly etwas flussaufwärts am hier in den Oust mündenden Aff. Und das ist in Frankreich vor allem für eine Berühmtheit bekannt.

In Sichtweite des Naturschutzgebiets Île-aux-Pies in der Bretagne kommt man am besten mit dem Boot oder zu Fuß. Entsprechend faszinierend ist die Stille, wenn man an den Anlege- oder Campinggelegenheiten in der Nachbarschaft übernachtet. Foto: Sandra

Städtchen wie kein anderes: La Gacilly im Herzen der Bretagne

Die überraschendste Tatsache am Städtchen La Gacilly im Südosten der Bretagne? Wahrscheinlich, dass noch keiner (mit Erfolg) auf die Idee gekommen ist, das 4000 Einwohner zählende Städtchen nach Yves Rocher umzubenennen. Der weltberühmte Unternehmer wuchs hier als Sohn des Bürgermeisters auf, gründete dann seine Versandfirma für Kosmetik, übernahm später selbst mehrere Jahrzehnte lang die wichtigste politische Position der Stadt und wird heute mehrere Jahre nach seinem Tod mit einem multimedialen Museum gewürdigt, vor dem sich so manches Pariser Museum glatt schamesrot verstecken könnte. Die Yves Rocher-Story spielt sich zu großen Teilen noch immer genau hier ab, zwischen gepflasterten Straßen, gigantischen Heilpflanzenwiesen und hübschen Steinhäuschen, die heute (kein Spaß: auch Yves Rochers Verdienst) Handwerkerwerkstätten und urige Crêperien beheimaten.

Der zweitwichtigste Anziehungsgrund für Tourist:innen in der Stadt ist die Tatsache, dass La Gacilly alljährlich fast ein halbes Jahr lang zur gigantischen Outdoor-Galerie für moderne Fotografie wird. 2003 wurde das Fotofestival von Yves Rochers Nachfolger als Bürgermeister (wieder kein Spaß: Jacques Rocher), jedes Jahr unter einem neuen Motto stehend, ins Leben gerufen. Inzwischen zieht es jährlich 300.000 Besucher aus der Bretagne, Frankreich und der Welt an.

Fast die Hälfte des Jahres lockt eine der größten Fotoausstellungen Europas Gäste aus aller Welt ins winzige Städtchen La Gacilly. Die aktuelle Ausstellung ist noch bis September zu sehen. Foto: Sandra

Meine erste Reise in die Bretagne: Liebeserklärung an das Inland der Halbinsel

Kurz zusammengefasst gehört das Inland der Bretagne zwar nicht zu den touristischen Aushängeschildern der Küstenregion aber definitiv zu einem seiner besten Geheimtipps, was auch noch zahlreiche andere Sehenswürdigkeiten mit kultureller, geschichtlicher und kulinarischer Vielfalt anreichern. So erhebt sich im winzigen Residenzstädtchen Josselin direkt oberhalb des Oust-Ufers eine der beeindruckendsten Schlossanlagen der Region, der Ort Lohéac, eine winzige Gemeinde unweit des Flusses Vilaine, ist Austragungsort einer der berühmtesten Rallye-Veranstaltungen Frankreichs.

Und dann ist da natürlich noch Rennes, die hübsche und gut erhaltene Hauptstadt der Bretagne, die nach Norden und Süden noch Dutzende Kilometer von der Küste entfernt liegt. Außer beim Blick aus dem Busfenster blieb mir diesmal leider keine Zeit für ein Kennenlernen der Stadt. Aber die hübschen Fotos der Altstadt und Erzählungen über den samstäglich stattfindenden Marché des Lices, den zweitgrößten Markt Frankreichs, sorgen dafür, dass das sicher nicht allzu lange so bleiben wird.

Mit dem Hausboot durch die Bretagne: Mehr dazu in Kürze hier im Blog

Mehr zu meinen Erfahrungen als Co-Kapitänin eines Hausboots liest du übrigens zeitnah hier auf dem Blog oder bereits jetzt schon in meinem ersten Artikel über die Reise, der unter dem Titel “Leinen los und dann entschleunigen” im Online-Reisemagazin des Münchner Merkur erschienen ist.

Mit dem Hausboot in der Bretagne: In Schritttempo geht es unter beeindruckenden Viadukten hindurch und an den Felsenlandschaften der Île-aux-Pies vorbei. Foto: Sandra

Zum Stichwort “zeitnah auf dem Blog” noch eine Anmerkung in eigener Sache: Treuen Leser:innen wird in den vergangenen Wochen meine Abwesenheit aufgefallen sein, die mit mehreren Faktoren zusammenhing. Erstens stand für meinen Blog ein technisch dringend notwendiger Umzug an, zweitens kam das natürlich zum allerfalschesten Zeitpunkt. Und da sich der damit verbundene Aufwand auch etwas größer herausgestellt hat als erwartet, hat alles einen Moment gedauert und noch dazu einen kompletten Layout-Relaunch nach sich gezogen. Ich hoffe die neue Seite gefällt euch? In jedem Fall bin ich nun wieder zurück und blogge voraussichtlich bald wieder regelmäßig. Über meine Reisen, Behind-the-Scenes-Einblicke in meine Buchprojekte, und alles was mir zum Thema unterwegs sein noch so einfällt. Zusätzlich wird es auch in Kürze den Kickoff einer neuen Serie geben. Da ich parallel dazu aktuell aber auch noch an drei Buchprojekten arbeite, bitte ich euch nach wie vor um etwas Nachsicht. Ich weiß es nicht noch nicht alles 100% fertig, wir sind aber auf einem guten Weg.

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