“Reisen lernen”: Meine neue Serie zum Thema Reisen mit Angststörung

Für viele Menschen ist das Reisen nicht nur eine der schönsten Aktivitäten der Welt, sondern auch absolute Selbstverständlichkeit. Sie setzen sich mehrmals jährlich in Auto, Bahn oder Flugzeug und verlassen ihren Alltag: einfach so, ohne groß darüber nachzudenken. Ersteres gilt auch für viele Menschen mit Angststörung: Die Sehnsucht nach Reisen ist eine der schönsten Sachen der Welt. Nur der Gedanke daran loszufahren, der ist in etwa genauso grausam wie der, schon wieder etwas verpassen zu müssen.

Meine eigene, persönliche Liste verpasster Chancen beginnt im Teenageralter. Der London-Trip mit dem Englisch-LK, die Abschlussfahrt nach Berlin, Familienurlaub an der See, nicht besuchte Konzerte, ein Auslandssemester in Portugal, für das ich die Anmeldung gar nicht erst ausgefüllt habe. Sicher ‒ so schien es mir jedenfalls damals ‒ bin ich nur in den eigenen vier Wänden. Dort, wo niemand außer mir selbst entscheiden darf, welche Menschen, Situationen, Gedankenimpulse und Sinneseindrücke über die Türschwelle kommen. Es gab Zeiten in meinem Leben, da bewachte ich diese Schwelle strenger als jeder Türsteher den Eingang vorm Berghain.

Passiert sind dann ‒ neben der Tatsache, dass ich mich mit jeder verpassten Gelegenheit mehr über mich selbst geärgert habe ‒ viele, viele kleine Dinge: Begegnungen mit Menschen, die mich, meinen Mut und meine Entscheidungen positiv beeinflusst haben, Konzerttickets, die ausnahmsweise mal nicht verfallen sind. Und schlussendlich auch die Entscheidung, das vermeintlich sichere Nest zu verlassen und ‒ zumindest erstmal für kurze Zeit ‒ ans andere Ende des Landes zu ziehen. Wenn ich nun sagen würde, Reisen und Angststörung zusammenzubringen war einfach wäre das eiskalt gelogen ‒ aber so unschaffbar schwierig wie ich es im Teenager-Alter eingeschätzt hätte, war es eben auch nicht.

Wer das Reisen nach einer Angststörung (wieder) lernen will, fängt am besten mit kleinen Schritten vor der eigenen Haustür an. Foto: Sandra

Reisen mit Angststörung: Das sind die ersten Schritte

Der Weg aus einem Alltag mit Angststörung hinein in ein Leben als Reisejournalistin hat mich seit diesen ersten Schritten ein gutes Jahrzehnt und nicht selten harte Arbeit gekostet. Unterwegs gab es Erfolge und Rückschläge, glückliche Zufälle, Meilensteine und Pläne, bei denen ich mir von Anfang an sicher war, dass sie nach hinten losgehen würden. Für meinen ersten richtigen Urlaub seit Beginn meiner Teenagerzeit fuhr ich noch allein in zwei entspannten Tagesetappen an die Nordseeküste, nahm die Fähre und verbrachte die Woche in einem Radius, der gerade mal knapp bis zum nächsten Strand reichte, größtenteils in meiner Langeooger Ferienwohnung. Drei Jahre später fand in mich auf der knapp siebenstündigen Zugfahrt zwischen Frankfurt und Wien, weitere fünf Jahre später im Flieger nach Dublin. Damit will ich niemanden entmutigen, sondern einfach nur klar machen, dass Genesung ihr eigenes Tempo hat.

Dieses Tempo zu akzeptieren und unterwegs geduldig mit mir zu sein, war eine der wichtigsten Strategien auf dem Weg zur neuen Normalität, in der ich mir beweisen wollte, dass Angststörung und Reisen sehr wohl miteinander zurecht kommen können. Viele meiner anderen Tipps, die ich euch in dieser Serie nach und nach mit auf den Weg geben will, drehen sich um wichtige Dinge, die man bei der Reisevorbereitung beachten kann, und um Strategien, die helfen können, wenn die Angst doch mal unterwegs auf sich aufmerksam macht.

Für mich bedeuten das Reisen genau wie mein Job als Reisejournalistin heute eine früher nicht gekannte Freiheit. Foto: Felix

Reisen lernen mit Angststörung: Der lange Weg lohnt sich

Vor Monaten schon, als an dieser Stelle der offizielle Auftaktpost meines Blogs erschienen ist, hatte ich vor, den Blog künftig auch zu nutzen, um über das Reisen mit Angststörung zu schreiben, hatte mich jedoch auch immer wieder erfolgreich um das Thema gedrückt. Den Impuls das zu ändern, kam über eine liebe Kollegin die für das Online-Magazin der Deutschen Angstselbsthilfe auf der Suche nach ehrenamtlichen Autor:innen war und nach kurzem Austausch den Kontakt zum Redaktionsleiter hergestellt hat. Auch hier ist in der vergangenen Woche mein erster Artikel über das Reisen mit Angststörung erschienen.

In meiner Serie lest ihr nun regelmäßiger von Tipps und Herausforderungen zum Thema Reisen und Angststörung, die sich hier nun mit meinen generellen Reisetipps, Reisereportagen, Berichten von Pressereisen und Kurztrips abwechseln werden. Wenn ihr Fragen zu dem Thema habt, oder Dinge, die euch besonders brennend interessieren, meldet euch gern in den Kommentaren oder per E-Mail. Und wer gerne mehr zum Thema lesen möchte, kann etwa bei meiner lieben Kollegin Sabrina von Couchflucht.de vorbeischauen, die schon länger zu dem Thema bloggt.

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