Felsen, Gleise und Meer: Wandern auf Klippenpfaden in Irland

Etwas im Schatten der irischen Hauptstadt Dublin liegt unterwegs Richtung Wicklow Mountains das Städtchen Bray als Start einer Wandertour, die zu den schönsten der irischen Ostküste zählen soll. Über schmale Pfade folgt man auf dem Bray Cliff Walk oberhalb der Gleise von DART und Southeastern Line immer dem Meerblick – und sichert sich für die Rückfahrt mit der Bahn den Logenblick direkt am Wasser.

Für irische Verhältnisse ist der Frühlingstag Anfang Mai, an dem wir zu unserer Wanderung aufbrechen, schon verdächtig ruhig. Obwohl die Sonne gerade dabei ist, aus dem Duell gegen die Wolken als klare Siegerin hervorzugehen, schlendern nur ganz vereinzelt Menschen an der Promenade des Küstenstädtchens Bray entlang, am Softeis-Stand werden noch letzte Vorbereitungen für die Saison getroffen. Vom Imbiss, in dem wir uns noch mit Sandwiches und Kaffee eindecken, schauen wir einige Minuten lang noch einmal aus der Nähe auf das ruhige Wasser der Irish Sea, die das irische County Wicklow von der walisischen Insel Anglesey irgendwo ganz weit irgendwo da vorne trennt.

Das Schöne: An Tagen wie diesem kann man Wanderkarte und Google Maps problemlos links liegen lassen, weil der Wegweiser ohnehin blau schimmernd unmittelbar vor einem liegt. Wer von der Unterkunft in Bray oder dem Bahnhof des Badeorts 20 Kilometer südlich von Dublin zum Meer gefunden hat, ist gleich mittendrin im Abenteuer, das über einen der schönsten Klippenpfade an der Ostküste Irlands führt. Von der Promenade aus geht’s erstmal ein Stück bergauf, dahin, wo man den Ausblick auf Meer, Klippen, Stadt und Strand so richtig schön genießen kann.

Wandern in Irland: Klippen-Wanderweg in Bray südlich von Dublin

Tatsächlich ist die Route des Bray Cliff Walk zwischen den Küstenstädten Bray und Greystones mehr Spazierweg als Wanderung, es geht größtenteils ebenerdig über einen gut begehbaren Pfad in den Klippen, dessen Ursprung eher in praktischen Gründen liegt als in seiner heutigen Nutzung. Als hier vor gut 180 Jahren die Bahnstrecke in die Felsen gebaut, Tunnel gegraben und Schienen verlegt wurden, diente die Trasse oberhalb der neuen Transportroute im Osten Irlands als Zubringer und Versorgungsstraße für die Bauarbeiten. Quasi eine Etage höher führt ebenfalls ein Weg auf den 241 Meter hohen Hausberg der Küstenstadt, den Bray Head, den wer mag auch für einen etwas sportlicheren Rückweg nutzen kann.

Durch den leichten Anstieg zu Beginn der Wanderung hat man schnell einen herrlichen Ausblick auf die Küstenstadt Bray, die – wie die Natur hier oben – langsam aus dem Winterschlaf erwacht. Foto: Sandra

An Tagen wie diesem kann man sich aber auch problemlos einfach mal aufs Genießen konzentrieren. Langsam schlendern und die Ausblicke aufs Meer und Richtung Wicklow Mountains im Inland auskosten, am Beginn des Wegs noch einen Abstecher zur mittelalterlichen Kirchenruine Raheen-a-Cluig etwas oberhalb machen, unterwegs bei einem Picknick am Wegesrand eine Pause einlegen und an den besten Aussichtspunkten auf die Bahngleise abwarten bis das Rattern des Zuges aus der Ferne zu hören ist und immer näher kommt, bis die Bahn wieder schnaufend im Tunnel verschwindet. So braucht man für die knapp siebeneinhalb Kilometer vielleicht auch mal eher drei als die veranschlagten zwei Stunden, aber warum sollte man sich auch hetzen, wenn alles was man verpassen könnte, direkt vor einem liegt?

Irland-Highlight zwischen Bray und Greystones im County Wicklow: Der Bray Cliff Walk

Start und Ziel des Wanderweges sind zwei Kleinstädte im County Wicklow – mit Bray immerhin aber die größte der Grafschaft – die wegen ihrer Position zwischen der Metropole Dublin auf der einen Seite und den malerisch ruhigen Wicklow Mountains mit uralten Klöstern und Bergseen auf der anderen bei der Planung des Irland-Trips gerne einmal untergehen. Uns hatte es vor allem deshalb nach Bray verschlagen, weil die Unterkünfte in der Stadt im Vergleich zu den Hotel- und Airbnb-Preisen in Dublin deutlich bezahlbarer sind und man dennoch nicht das Gefühl hat, “ab vom Schuss” zu sein.

Bray ist ein für die britischen Inseln typischer Badeort mit einer weitläufigen Strandpromenade, viktorianischen Häuserfronten und einem Rathaus im Tudor-Stil im Stadtkern, in dessen pittoreskem Erdgeschoss heute McDonald’s-Burger gebraten werden. Dass die touristisch besten Zeiten der Stadt in der Vergangenheit liegen, davon zeugt etwa ein verfallenes Hotel, das unterwegs zum Cliff Walk für Kopfkino sorgt. Aber: Nur weil sich die Zeiten ändern, bedeutet das noch lange nicht, dass sich ein Besuch nicht auch heute noch lohnt. Greystones dagegen ist eine auf den ersten Blick wachsende Stadt, in der etliche Neubauten einen daran erinnern, das man im Dubliner Speckgürtel unterwegs ist, wo die gleichen teils unschönen Immobilientrends herrschen wie in vielen Winkeln Europas. Hier lohnt es sich den Blick Richtung Meer statt auf die vielen Baustellen zu richten. Die Strände gehören – auch wenn es im Frühling vielleicht doch noch ein bisschen frisch ist – zu den schönsten der Region.

Für den Rückweg kannst du entweder dem Cliff Walk in entgegengesetzter Richtung folgen oder den DART zurück Richtung Dublin nehmen. Foto: Sandra

Wanderung in Irland: Auf dem Bray Cliff Walk nach Greystones – mit dem DART zurück

Aber das wahre Highlight der Tour das ist und bleibt einfach der Weg, direkt über den Bahngleisen, ganz nah am Meer, den du problemlos auch noch ein zweites Mal in die Gegenrichtung laufen kannst, ohne dich auf dem Heimweg zu langweilen. Gleichzeitig gehört aber auch die Strecke des DART zu den Erlebnissen, die du in Irland auf gar keinen Fall verpassen solltest. Vom Bahnhof in Greystones aus geht’s in wenigen Minuten wieder zurück nach Bray – die Fahrt nach Dublin zum zentralen Bahnhof Tara Street dauert etwa eine Stunde.

Günstiger als mit Einzeltickets bist du in der Umgebung von Dublin übrigens in den meisten Fällen mit der Leap Visitor Card unterwegs, die im kompletten Stadtbereich und darüber hinaus auch in der Region gültig ist. Neben Bray und Greystones kommst du damit zum Beispiel auch auf die Halbinsel Howth sowie bis zum Flughafen in Dublin. Informationen zu Fahrzeiten und Tickets bekommst du zum Beispiel auf der Seite von Transport for Ireland.

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